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Wirtschaft: Gewinnaussichten an der deutschen Börse stehen gut, doch Experten warnen vor Hektik

Ende Juli dürfte ein Mensch in Schleswig-Holstein sehr glücklich gewesen sein: Er knackte den Jackpot, wie es im Lottodeutsch heißt, und strich mit mehr als 20 Mill. DM einen Rekordgewinn ein.

Ende Juli dürfte ein Mensch in Schleswig-Holstein sehr glücklich gewesen sein: Er knackte den Jackpot, wie es im Lottodeutsch heißt, und strich mit mehr als 20 Mill. DM einen Rekordgewinn ein. Sechs Richtige tippen plus die Superzahl - ganz so schnell wird man an der Börse nicht Millionär. Allerdings geht es auch hier manchmal schneller, als man denkt.

Wer sich mit dem Gedanken trägt, Aktien zu kaufen, sollte jetzt zuschlagen. Das rät jedenfalls Bernd Meyer, Aktienstratege der Deutschen Bank in Frankfurt (Main). Denn "angesichts der sich abzeichnenden positiven Wirtschaftsfaktoren sollten größere Kursrückschläge zum Einstieg genutzt werden", sagt Meyer. Für das Jahr 2001 sei ein Gewinnwachstum der an deutschen Börsen notierten Unternehmen von 24 Prozent drin. Voraussetzung: Die Unternehmensteuerreform kommt wie erhofft, und die Weltwirtschaft wächst weiter in den bisherigen Bahnen. Wenn die Wirtschaft insgesamt wächst, wachsen die Unternehmen mit, der Kurs der Aktien steigt. Das ist der simple Grund dafür, dass langfristig die Aktie immer wieder alle anderen Arten der Geldanlage geschlagen hat. Allerdings: Wer Aktien kauft, braucht Geld. Aber wie viel? Die Experten sind da uneins. Die Stadtsparkasse Köln gibt Anhaltspunkte: Als Mindestorder für eine Aktie werden in der Regel 10 000 DM angesehen. Doch bis zu einem Vermögen von 50 000 DM empfehlen die Sparkassenberater eher Investmentfonds, bei größeren Summen wird auch die direkte Anlage in Aktien mit einbezogen.

Manchmal kann es auch lohnend sein, mit einer einzigen Aktie zu starten - um sich selbst an die Börse zu gewöhnen. Um einen spielerischen Einstieg zu finden, müssen nicht gleich 10 000 DM je Aktie angelegt werden. Nur muss, wer für sehr niedrige Beträge Aktien kauft, auf eventuelle Mindestgebühren achten.

In jedem Fall ist es sinnvoll, zunächst ein gewisses finanzielles Polster mit sichereren Anlagen aufzubauen - also mit Sparbriefen, Sparbüchern mit Sonderzins, Bundeswertpapieren oder Pfandbriefen. Eine alte Standardregel bei Banken lautet, dass dieses Sicherheitspolster etwa drei Nettogehältern entsprechen sollte. Wer größere Summen an der Börse investieren möchte, sollte unbedingt die wichtigste Regel für die Geldanlage beachten: Niemals alles auf eine Karte setzen. Bei einer Summe von 50 000 DM lassen sich bei 10 000 DM pro Aktie immerhin schon fünf Titel kaufen. Es empfiehlt sich, möglichst unterschiedliche Werte zu kaufen. Bei fünf Aktien würde man zum Beispiel kaum zwei Chemietitel wie Bayer und BASF oder zwei Banktitel wie Deutsche oder Dresdner Bank kaufen, sondern jeweils nur einen pro Branche.

Doch dass die Gewinne sprudeln, ist noch keinesfalls gesagt. Um auf Dauer Erfolg zu haben, sollte man die Börsen aufmerksam beobachten - und sich nicht unter Druck setzen lassen. Der New Yorker Börsenguru Heiko Thieme kennt die Probleme der Kleinanleger: "Der deutsche Laienaktionär macht es falsch: Er kauft im Abschwung nicht, er verkauft. Das erklärt, warum viele erfolglos sind. Das beste, was einem Börsianer passieren kann, ist, dass er preiswert einsteigen kann."

Der Münchner Psychologe Dieter Frey hat dagegen eine eigene Philosophie: "Lösen Sie sich von Tagesereignissen. Setzen Sie sich ein persönliches Kursziel: Kaufen oder verkaufen Sie, wenn es erreicht ist. Handeln Sie niemals spontan." Frey hat über Jahre das Verhalten der Börsianer analysiert und häufig Irrationalität bei den Entscheidungen entdeckt. "Manchmal berücksichtigen die Anleger wichtige Nachrichten gar nicht, manchmal bewegt etwas ziemlich Unwichtiges die Kurse."

Zum Beispiel die Jahreszeit. "Am deutschen Aktienmarkt", sagt Deutsche-Bank-Experte Meyer, "sind in der Regel ein schwacher Spätsommer und Herbst, jedoch ein starker November und Dezember zu beobachten."

fw

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