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Wirtschaft: Gewinnschmelze

Die Aussicht auf eine Wende der US-Geldpolitik lässt den Goldpreis abstürzen.

Von Carla Neuhaus

Berlin - Wer sich noch vor ein paar Wochen mit Goldmünzen eindecken wollte, hatte es nicht leicht. Der Krügerrand – eine der begehrtesten Münzen für Kleinanleger – war vielerorts ausverkauft. Die Südafrikaner kamen trotz Nachtschichten mit der Produktion nicht mehr hinterher. Und dies obwohl der Goldpreis seit April nur eine Richtung kennt: nach unten. Denn die Großinvestoren verkaufen bereits seit dem Frühjahr in Massen ihre Bestände. Mittlerweile werden auch Privatanleger vorsichtiger. Am Mittwoch stürzte der Goldpreis besonders kräftig ab: Der Preis für eine Feinunze des Edelmetalls fiel in der Spitze um fast vier Prozent auf 1224 Dollar – damit notierte Gold so niedrig wie seit drei Jahren nicht mehr. Hochgerechnet auf das gesamte Quartal, hat der Goldpreis damit mittlerweile 22 Prozent verloren. So stark war der Preis für das Edelmetall innerhalb von drei Monaten zuletzt 1920 abgestürzt.

Dass sich so viele Großinvestoren derzeit von ihren Goldvorräten trennen, hat etwas mit Psychologie und Spekulation zu tun. Derzeit sind es insbesondere die Aussagen von Ben Bernanke, dem Chef der amerikanischen  Notenbank Fed, die die Anleger zum Goldverkauf treiben. Bernanke hatte vergangene Woche angekündigt, das Kaufprogramm für Anleihen zurückzufahren. In den vergangenen Monaten hatte die Notenbank im großen Stil Papiere aufgekauft und so Geld in den Markt gepumpt, um die Wirtschaft zu stärken. Ein großer Teil dieses Geldes floss angesichts niedriger Zinsen in Gold. Jetzt reicht die Ankündigung Bernankes aus, damit die Investoren ihr Kaufverhalten ändern. „Die Aussagen von Bernanke haben die Anleger verunsichert“, bestätigt Axel Breil, Rohstoffanalyst der Landesbank Berlin.

Dass der Goldpreis gerade am Mittwoch so stark einbrach, lag zudem an den guten Konjunkturdaten, die Amerika am Abend zuvor verkündet hatte: Die Stimmung der amerikanischen Verbraucher ist demnach so gut wie seit fünfeinhalb Jahren nicht mehr, der Häusermarkt erholt sich und die US-Firmen investieren wieder. Das stärkt die Hoffnung vieler, dass auch die Zeit der niedrigen Zinsen in den USA bald enden könnte. Steigen aber die Zinsen, sinkt allerdings auch die Angst vor Inflation. Und das schadet dem Gold – schließlich gilt es als Krisenwährung, mit der sich Anleger vor allem gegen Inflation absichern wollen.

Gleichzeitig lässt die gute wirtschaftliche Entwicklung in den USA auch den Dollarpreis weiter steigen. Weil Gold in Dollar gehandelt wird, macht die Stärke der US-Währung das Edelmetall für Investoren aus Europa teurer und damit weniger attraktiv.

Hinzu kommt, dass in Indien, dem größten Absatzmarkt für Gold weltweit, die Nachfrage deutlich sinkt. Der Grund: Die Regierung in Neu-Delhi hat seit Jahresbeginn die Importzölle auf das Edelmetall stark erhöht, weil sie sich um die Schwäche ihrer Währung, der Rupie, Sorgen macht.

Vorerst dürfte der Goldpreis deshalb weiter sinken. Gleich mehrere Banken haben in den vergangenen Tagen ihre Prognosen für den Preis des Edelmetalls nach unten korrigiert. Merill Lynch rechnet in den nächsten Wochen mit einem Rückgang des Goldpreises auf 1200 Dollar. Rohstoffanalyst Breil glaubt sogar, dass der Preis noch weiter nachgeben dürfte. „Er könnte in diesem Jahr noch auf die Marke von 1000 Dollar sinken“, sagt er. Allerdings geht Breil auch davon aus, dass Gold gegen Jahresende dann wieder teurer wird. Verbrauchern, die bereits Gold besitzen, rät er deshalb, es erst einmal liegen zu lassen.

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