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Wirtschaft: Gift für die Konjunktur Contra

Von Hermann Franzen

Der private Konsum ist das Sorgenkind der deutschen Wirtschaft. Aus diesem Grund raten die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute in ihrem Herbstgutachten von einer zusätzlichen Belastung des Konsums ab und sprechen sich gegen eine Erhöhung der Mehrwertsteuer aus. Die notwendige Senkung der Lohnnebenkosten ließe sich auch anders finanzieren. Diesem Appell der Wissenschaft kann sich der Einzelhandel nur anschließen. Alle Steuererhöhungen sind Gift für die Konjunktur. Das gilt besonders für die Erhöhung der Mehrwertsteuer, die zum Zusammenbruch der ohnehin schwachen Inlandsnachfrage führen würde.

Vor allem der Plan, die Mehrwertsteuer in zwei Schritten von 16 über 18 auf 20 Prozent anzuheben, wäre für den Einzelhandel der Supergau. Das würde den privaten Verbrauch um 30 Milliarden Euro schwächen. Geld, auf das der Einzelhandel nicht verzichten kann. Bereits ohne die Mehrwertsteuererhöhung rechnen die Wirtschaftsexperten für das nächste Jahr mit einem erneuten Rückgang des privaten Verbrauchs um 0,2 Prozent. Auch lehrt die Erfahrung der Vergangenheit, dass es etwa 18 Monate dauert, bis die Kunden die steuerbedingten Preiserhöhungen akzeptieren. Bei einer Erhöhung der Mehrwertsteuer in zwei Schritten würde sich die Verunsicherung der Verbraucher und die daraus resultierende Kaufzurückhaltung über einen noch längeren Zeitraum hinziehen. Das würden vor allem viele tausend kleine Geschäfte und Fachhändler nicht überleben.

Am Ende müssen die Zeche in jedem Fall die Verbraucher zahlen. Wegen der hohen Energiepreise liegt die Inflation schon heute bei rund 2,5 Prozent. Eine vierprozentige Erhöhung der Mehrwertsteuer würde die Teuerungsrate um über ein Prozent weiter nach oben treiben. Eine solche Politik würde vor allem Familien, Rentner und einkommensschwache Haushalte treffen. Auf der anderen Seite sähen sich die Unternehmen mit höheren Lohnforderungen der Gewerkschaften und steigenden Zinsen konfrontiert. Ein Programm für Wachstum und Beschäftigung sieht anders aus.

Nicht mehr Steuern, sondern weniger Ausgaben sind das Gebot der Stunde. Nur so können die Haushaltslöcher gestopft und die Sozialversicherungsbeiträge gesenkt werden. Allein bei der Bundesagentur für Arbeit findet sich ein Sparpotenzial in zweistelliger Milliardenhöhe. Vor allem müssen die Subventionen mit dem Rasenmäher weiter kräftig gestutzt werden. Wenn die große Koalition den Mut hierzu aufbringt, wird sie Respekt erlangen und das Vertrauen in die politische Führung zurückgewinnen. Der Verzicht auf eine Erhöhung der Mehrwertsteuer wäre ein ermutigendes Signal für den Beginn einer neuen Politik. Diese Aufbruchstimmung wäre ein wichtiger Impuls für den Konsum – gerade noch rechtzeitig vor Beginn des Weihnachtsgeschäfts.

Der Autor ist Präsident des Hauptverbands des deutschen Einzelhandels (HDE). Hauptberuflich betreibt er das Porzellanhaus Franzen in Düsseldorf.

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