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Wirtschaft: Glanz auf vier Rädern

Während die Nachfrage nach Luxusfahrzeugen steigt, schwächelt der Pkw-Markt in der Volksrepublik.

Wie wichtig das Auto als Statussymbol in China geworden ist, wissen die Chinesen spätestens seit Ma Nuos Auftritt im vergangenen Jahr in der Dating-Show „Wenn du der Richtige bist“ bei Jiangsu-TV. Als das 23 Jahre alte Model von einem nicht sehr vermögenden Verehrer eingeladen wurde, mit ihm Fahrrad zu fahren, antwortete Ma Nuo mit jenem Satz, der sie auf einen Schlag zu einem der berühmtesten It-Girls Chinas machte: „Lieber sitze ich weinend auf dem Rücksitz eines BMW als lachend auf einem Fahrrad.“ Kurz darauf wurden die Produzenten der Show von der Zensurbehörde der Kommunistischen Partei angewiesen, weniger Wert auf Vermögen zu legen.

Doch Ma Nuos Satz entspricht dem chinesischen Zeitgeist, und darüber können sich die deutschen Autohersteller freuen. Vor allem dank der chinesischen Vorliebe für Luxusautos haben sie im ersten Quartal 2012 zweistellige Zuwachsraten vermelden können. Für BMW, Audi und Volkswagen ist China der größte Absatzmarkt der Welt. Die Münchner verzeichneten in den ersten drei Monaten dieses Jahres einen Verkaufszuwachs von 37 Prozent. Noch erstaunlicher sind die Zahlen des zum VW-Konzern gehörenden Luxuswagenherstellers Bentley, der im vergangenen Jahr 1839 Fahrzeuge in China verkaufte – 95 Prozent mehr als im Vorjahr. Dass die Volksrepublik für Luxusautos riesige Verkaufschancen bietet, spiegelt sich auch auf der Messe „Auto China“ wider, die am Montag in Peking eröffnet wird.

Dort dürfte Ferrari das wichtigste Objekt der Begierde für Chinas stetig wachsende Zahl der Reichen bieten. Die Italiener präsentieren eine Sonderserie des 458 Italia in Marco-Polo-Rot, von der nur 20 Exemplare existieren. Nicht nur der Drache auf der Motorhaube ist dem asiatischen Geschmack geschuldet, auch die chinesische Vorliebe für Glitzer wird befriedigt: Felgen, Türgriffe und andere Zierelemente des Ferrari sind aus purem Gold gefertigt. Auch die deutschen Hersteller bieten Neues: Mercedes mit seinem kompakten Coupé „CLA“, BMW mit dem Hybridsportwagen i8 Spyder, dessen 354 PS starker Benzin- und Elektromotor in fünf Sekunden von null auf eine Geschwindigkeit von 100 Stundenkilometer beschleunigen kann.

Doch während das Luxussegment stark zulegt, bremst sich das Wachstum des chinesischen Automarktes insgesamt etwas ab. Wie die Nachrichtenagentur Xinhua meldet, sind in China im ersten Quartal 2012 4,78 Millionen Fahrzeuge verkauft worden – ein Rückgang von 3,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Der Wegfall von Subventionen und die gestiegenen Spritkosten dürften die Ursache dafür sein. Gleichzeitig sind im ersten Quartal 4,78 Millionen Fahrzeuge produziert worden – ein Rückgang von 1,83 Prozent.

Trotzdem halten die ausländischen Fahrzeughersteller China auch als Produktionsstandort die Treue, das machen die jüngsten Meldungen von Fabrikeröffnungen deutlich. So wird Volkswagen in Ürümqi in der von Unruhen betroffenen westchinesischen Provinz Xinjiang eine neue Fabrik eröffnen, in der bis zu 50 000 Fahrzeuge jährlich produziert werden können. Die Verträge sollen am Montag auf der Hannover Messe beim Besuch des chinesischen Premierministers Wen Jiabao unterzeichnet werden. Auch Ford will in Hangzhou einen dritten Fabrikationsstandort in China eröffnen. „Der chinesische Automarkt bleibt einer der aufregendsten der Welt“, sagte Dave Schoch, Vorsitzender von Ford China. Das neue Werk soll den Vorsprung des Marktführers VW reduzieren.

Ein Rückschlag, vor allem für Audi, ist allerdings die neue Anordnung der chinesischen Regierung an ihre Behörden, nur noch einheimische Fahrzeuge fahren zu dürfen. Die Ingolstädter haben im ersten Quartal 2012 jedes vierte Auto in China verkauft, wo sie von der Leidenschaft chinesischer Funktionäre für schwarze Modelle des A8 oder der Langversion des A6 profitierten. Nach der Ankündigung der Richtlinie sanken die Aktien deutscher Autohersteller prompt.

Die rund 100 chinesischen Autobauer aber sind zurzeit stärker als die ausländischen Hersteller von Verkaufsrückgängen betroffen. BYD, der Hersteller mit dem Namen „Erfülle deine Träume“, musste für 2011 einen Gewinnrückgang von 45 Prozent bekannt geben. Die chinesischen Firmen hatten sich Experten zufolge vor allem um den Ausbau der Produktionskapazitäten gekümmert und dabei Forschung und Entwicklung vernachlässigt. Die Regierung setzt nun auf Konsolidierung und will die staatlichen Hersteller in insgesamt acht Unternehmen bündeln.

Und sie setzt auf Elektromobilität, bislang jedoch mit überschaubarem Erfolg. So ist China nach einer Studie von McKinsey im vergangenen Jahr beim Kauf von Elektroautos vom dritten auf den fünften Platz hinter Japan, USA, Frankreich und Deutschland zurückgefallen. Die Subventionen der chinesischen Regierung blieben weitgehend wirkungslos. Von den bis 2015 geplanten 400 000 Ladestationen seien bislang nur ungefähr 16 000 gebaut. „Man kann nicht einfach ein Elektrofahrzeug kaufen und dann, wenn man es hat, keinen Ort finden, um es aufzuladen“, sagt Axel Krieger von McKinsey in Peking gegenüber „Bloomberg News“.

Trotzdem hält China an seinen ehrgeizigen Plänen bei der Elektromobilität fest. Der jüngste Beschluss des Staatsrates spricht von 500 000 Elektro- und Hybridfahrzeugen auf Chinas Straßen im Jahr 2015, fünf Millionen sollen es 2020 sein. Außerdem soll der Benzinverbrauch bei den in China produzierten Autos bis 2020 auf durchschnittlich 0,05 Liter pro Kilometer gesenkt werden. Denn mit den Fahrzeugen haben nicht nur Statussymbole das Reich der Mitte erobert – sondern auch die Luftverschmutzung.

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