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Wirtschaft: Glasfaseraktien: Datenflut treibt Preise in die Höhe

Der weltweite Datenverkehr wird sich bis 2004 zumindest verzehnfachen, schätzen Marktforscher. Die besten Chancen zur Bewältigung der Datenfluten trauen Marktkenner einem Medium zu, das schon seit 30 Jahren in Verwendung ist: dem Glas.

Der weltweite Datenverkehr wird sich bis 2004 zumindest verzehnfachen, schätzen Marktforscher. Die besten Chancen zur Bewältigung der Datenfluten trauen Marktkenner einem Medium zu, das schon seit 30 Jahren in Verwendung ist: dem Glas. Statt über elektrische Signale werden die Daten mit dem Licht übertragen. Fieberhaft arbeiten die Telefonkonzerne daran, ihre Kupferkabelnetze mit Glasfaser-Systemen aufzurüsten. Bei den Herstellern der Rohstoffe, der optischen Bauteile und der Netzwerke brummt das Geschäft, der Bedarf an Glasfasern soll vorerst jährlich um 50 Prozent wachsen.

Der Marktführer bei Glaskomponenten, JDS Uniphase, legte für die Übernahme des Konkurrenten SDL ein Vielfaches des eigenen Umsatzes auf den Tisch. Preistreiber sei vor allem die Knappheit optischer Elemente auf dem Markt, die das Wachstum der Netzwerk-Architekten gefährden könnte, heißt es bei JDS-Kunde Cisco Systems. JDS-Chef Jozef Straus braucht daher SDL, um die Produktion wie geplant alle 18 Monate zu vervierfachen. Trotz der hohen Bewertung - Cisco etwa setzt zwölfmal mehr um als JDS, ist aber nur fünfmal höher an der Börse bewertet - vergeben die Analysten klare Kaufvoten: UBS Warburg sieht das Papier auf 12-Monats-Sicht bei 160, die Bankgesellschaft Berlin gar bei 200 Dollar. Derzeit liegt JDS bei rund 100 Dollar. Sich den Rücken durch Zukäufe stärken will auch Corning. Das Unternehmen mauserte sich vom Haushaltsglas-Hersteller zum größten Produzenten der gläsernen Rohstoffe wie auch der Kabel insgesamt. Das Unternehmen hat gerade für vier Milliarden Dollar die Glasfasersparte von Pirelli übernommen. Nortel Networks, der Weltmarktführer beim Bau von Netzwerken, wollte die Perle Corning schlucken, biss sich an ihr jedoch die Zähne aus. Statt dessen holte sich Corning die junge High-Tech-Schmiede Sycamore ins Boot, um gemeinsam Bauteile zu entwickeln, die die immer noch hohen Kosten für optische Netzwerke deutlich senken könnten.

Datenfluss 1000 mal schneller

Bisher ist es nötig, Lichtsignale zwischendurch in elektrische Signale zurückzuverwandeln, damit sie nicht verloren gehen, was die Kosten um bis 50 Prozent in die Höhe treibt. Sycamore selbst hatte gerade Scirocco Systems und damit eine Technik gekauft, die Daten 1000 mal schneller befördert als mit herkömmlichen Systemen. Umsätze konnte Scirocco noch nicht vorweisen, trotzdem zahlte Sycamore fast drei Milliarden Dollar für das Unternehmen, 32 Millionen Dollar für jeden Ingenieur.

Vor allem im Komponentengeschäft stehen aber neben Corvis immer mehr Newcomer in den Startblöcken. Denn angesichts der enormen Bedarfs drohen die Bauteile knapp zu werden. Gerade im Nahbereich wird die Übertragung per Glasfaser noch wenig eingesetzt.

Die letzte Meile zwischen den Verkehrsknoten der Telekomkonzerne und den Haushalten aufzubuddeln und mit Glasfasern auszustatten, wäre extrem teuer. Kritiker halten den Datentransfer per Licht daher für eine Technologie mit langfristig begrenzten Wachstumschancen, breitbandige Konkurrenztechnik in jeden Haushalt, per Funk (UMTS), Kupferkabel oder TV-Kabel, dagegen für aussichtsreicher.

Im Bereich der städtischen Netze ist auch Adva Optical gut positioniert. Das Unternehmen, eine Tochter von JDS, ist am Neuen Markt notiert und erwartet für 2000 eine Umsatzverdoppelung auf 50 Millionen Euro. Dem Trend folgend hat sich das Papier seit März knapp halbiert. Die WestLB erwartet aber gerade für lokale optische Netzwerke starkes Wachstum und empfiehlt: Kaufen.

Wie Fallobst vom Baum gefallen sind die Aktien von Lucent Technologies. Der weltgrößte Telekom-Ausrüster verärgerte die Anleger kürzlich mit der dritten Gewinnwarnung in diesem Jahr, räumte strategische Fehler ein und nahm seine Prognose für das dritte Quartal um 30 Prozent zurück. Der Kurs brach ein, viele Banken stuften die Aktie herunter. Sie bemängelten, Lucent habe den Trend zu optischen Netzwerken verschlafen und sei gezwungen, das Versäumte durch hohe Entwicklungs-Ausgaben aufzuholen - bisher erfolglos.

Nortel Networks, Weltmarktführer und Liebling der Analysten, steigerte den Umsatz im letzten Quartal dagegen um 50 Prozent. In der Kasse hängen geblieben sind sogar 75 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Kanadier decken das ganze Spektrum von Komponenten- und Netzwerkbau ab. Angesichts der starken Zahlen, der breiten Produktpalette und der guten Marktposition - Nortel hat gerade zwei milliardenschwere Aufträge aus China und Großbritannien eingefahren - stuft Morgan Stanley das Papier als "Kerninvestment" der Branche ein.

Ciena gilt als aussichtsreich

Für risiko-, aber auch chancenreicher hält die ABN Amro Konkurrent Ciena, die gute Chancen hätten, in den S & P 500-Index der 500 wichtigsten US-Konzerne aufgenommen zu werden. Das Unternehmen gilt neben Nortel als Technologieführer und ist im Stande, eine Glasfaser, die feiner ist als ein menschliches Haar, in 160 Kanäle zu spalten.

Nächstes Jahr wollen die Ciena-Forscher 16 Terabit pro Sekunde auf einmal durch eine Glasfaser jagen. Das sind zwei Millionen Megabyte in einem Wimpernschlag. Die Deutsche Telekom könnte damit ihren gesamten jährlichen Datenverkehr bequem in 20 Minuten durch die Leitung pressen. Superschnelle Kupferkabel schaffen gerade mal sechs Megabyte.

Veronika Csizi

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