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Goldman Sachs: Ein Wall-Street-Banker rechnet ab

Nach zwölf Jahren als Investmentbanker greift Greg Smith seinen ehemaligen Arbeitgeber an. Die Branche sei heutzutage so vergiftet und zerstörerisch wie noch nie.

New York - Es ist das Gesprächsthema an der Wall Street: „Warum ich Goldman Sachs verlasse“ heißt der Artikel auf einer der hinteren Seiten der „New York Times“, der mehr Aufmerksamkeit auf sich zieht als mancher Aufmacher. Firmenveteran Greg Smith rechnet mit der Investmentbank in einer Weise ab, die Goldman-Kritikern neue Nahrung liefert. „Um das Problem auf den Punkt zu bringen: Die Interessen der Kunden sind zweitrangig, so wie die Firma arbeitet und beim Geldverdienen tickt“, schreibt Smith, der nach zwölf Jahren bei Goldman am Mittwoch seinen letzten Tag hatte. Im Investmentbanking ist das eine halbe Ewigkeit. Smith hatte gleich nach dem Studium bei der Bank angefangen. „Ganz ehrlich gesagt, das Umfeld ist heutzutage so vergiftet und zerstörerisch wie ich es noch nie gesehen habe.“

„Jeder an der Wall Street hat das gelesen“, sagt Erik Schatzker, Moderator beim Wirtschaftssender Bloomberg. Den Morgen über läuft das Thema rauf und runter. „Wir reden viel über den Banken-Stresstest, aber das hier ist besser.“ Seine Kollegin Sara Eisen pflichtet ihm bei: „Es ist ein Desaster für Goldman Sachs.“ In Internetforen, Blogs und auf Twitter ergießt sich bereits der Spott über die Bank.

Erinnerungen an die Betrugsvorwürfe gegen Goldman kurz nach der Finanzkrise 2008 werden wach. Nach Auffassung der US-Börsenaufsicht SEC hatte die Bank Investoren beim Verkauf von Hypothekenpapieren hinters Licht geführt, um selbst abzukassieren. Über Monate standen die Bank und ihr Chef Lloyd Blankfein am Pranger. Am Ende zahlte das Wall-Street-Haus in einem Vergleich umgerechnet 419 Millionen Euro, um aus den Schlagzeilen zu kommen.

Es war nicht der einzige Fehltritt: Blankfeins flapsiger Spruch, er sei nur ein Banker, der Gottes Werk verrichte, ist zum Klassiker für jene geworden, die ein Beispiel für die Überheblichkeit der Geldelite suchen. Oder dies: In einer internen E-Mail, die im Zuge einer Senatsanhörung ans Licht kam, bezeichnete ein Goldman-Mitarbeiter eine Transaktion unumwunden als „ein dreckiges Geschäft“.

Als er angefangen habe, sei es noch darum gegangen, das Beste für den Kunden herauszuholen, schreibt Greg Smith. „Es ging nicht nur darum, Geld zu machen.“ Heute würden Kunden dagegen täglich Produkte angedreht, die sie nicht brauchten. „In den vergangenen zwölf Monaten habe ich fünf verschiedene leitende Angestellte gesehen, die ihre eigenen Kunden als ,Deppen’ bezeichnet haben.“

Der viel gelesene Blog „Business Insider“ sprach von einem „weiteren PR- Albtraum“ für Goldman. BBC-Wirtschaftsexperte Robert Preston gab über Twitter zu bedenken: „Der Schaden für die Firma könnte ziemlich ernst sein.“ Die britische Website „The Daily Mash“ hat eine Satire veröffentlicht: „Warum ich das Imperium verlasse, von Darth Vader“.

Goldman mühte sich um Schadensbegrenzung: „Wir widersprechen den geäußerten Ansichten, sie spiegeln nicht die Art und Weise wider, wie wir unser Geschäft betreiben“, erklärte eine Sprecherin. „Nach unserer Meinung sind wir nur dann erfolgreich, wenn auch unsere Kunden erfolgreich sind.“ dpa

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