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Griechenland: Die Märkte misstrauen Athen

Die Börse rutscht ab und die Risikoprämie für griechische Staatsanleihen steigt. Die Europäische Zentralbank will helfen.

Frankfurt am Main / Athen - Die Sorge um die Zukunft des hoch verschuldeten Griechenland verunsichert die Anleger mehr und mehr. Die Talfahrt der griechischen Staatsanleihen an den Finanzmärkten beschleunigte sich am Donnerstag. Die Athener Börse rutschte tief ins Minus, besonders Bankaktien kamen unter Druck. Die Griechenlandkrise zog auch den Dax und andere europäische Börsenindizes nach unten. Die Athener Regierung hofft weiter, die Schwierigkeiten mit eigener Kraft zu meistern und schließt eine Aktivierung des EU-Hilfsmechanismus aus – zumindest derzeit.

Die Lage Griechenlands beschäftigt zwar weiter auch die Europäische Zentralbank (EZB) intensiv, mit der Zahlungsunfähigkeit des Landes rechnet man im Frankfurter Eurotower aber nicht. „Eine Staatspleite Griechenlandes ist nach allen Informationen, die uns vorliegen, nicht das Thema“, sagte EZB-Präsident Jean-Claude Trichet nach der Sitzung des EZB-Rates. Er habe keinen Zweifel, dass die Regierung in Athen die angekündigten rigorosen Sparmaßnahmen durchziehe. Den von der EU beschlossenen Notfallplan bezeichnete er als einen Weg. Jetzt müssten alle Euro-Regierungen an einem Strang ziehen. „Wir teilen ein gemeinsames Schicksal“, sagte Trichet.

Am siebten Tag in Folge fielen die Kurse griechischer Staatsanleihen. Spiegelbildlich stiegen die Renditen. Die Risikoprämie für die Anleihen trieb die Rendite der zehnjährigen Bonds am Donnerstag auf 7,51 Prozent. Für Finanzminister Giorgos Papakonstantinou ist das akut kein Problem. Nachdem sich das Land im März rund 5,4 Milliarden Euro zu rund sechs Prozent am Kapitalmarkt besorgen konnte, ist der Finanzbedarf für diesen Monat zunächst gedeckt. Bis zum Jahresende muss Griechenland allerdings für die Refinanzierung fälliger Schulden weitere 32 Milliarden aufbringen.

Die zunehmend prekäre Finanzlage des Landes drückte die Stimmung an der Athener Börse. Nachdem der Leitindex bereits am Mittwoch drei Prozent abgegeben hatte, verlor das Börsenbarometer gestern weitere drei Prozent. Die Anleger flohen vor allem aus griechischen Bankaktien. Mehreren Instituten drohten neue Herabstufungen durch die Ratingagenturen.

Die Griechenlandmisere macht sich zunehmend auch in anderen hoch verschuldeten Ländern der Eurozone bemerkbar. Die Renditen für portugiesische, spanische und irische Staatsanleihen stiegen am Donnerstag ebenfalls – ein Indiz dafür, dass die Anleger fürchten, die Krise könnte auf diese Länder übergreifen.

Griechenlands Ministerpräsident Giorgos Papandreou plant derweil einschneidende Strukturreformen. Die Wirtschaft soll von staatlicher Reglementierung befreit und öffentliche Unternehmen privatisiert werden. Damit hofft Papandreou, das Vertrauen der Finanzmärkte zurückzugewinnen. Auch weil die Wurzeln der Schuldenkrise in den chronischen Strukturschwächen und der mangelnden Wettbewerbsfähigkeit des Landes liegen. So sind weite Bereiche des Handels, des Dienstleistungssektors und des Transportwesens staatlich strikt reglementiert und damit vom Wettbewerb abgeschottet.

Dahinter steht nicht nur die traditionelle Regulierungswut der griechischen Bürokratie. Die Politiker bedienen damit auch die Profitinteressen bestimmter Berufsgruppen, von denen sie im Gegenzug Spenden und Wählerstimmen erwarten. Nach einer Studie des griechischen Wirtschaftsforschungsinstituts IOBE würde allein die Deregulierung des Transportsektors die Produktivität der griechischen Volkswirtschaft um 2,5 Prozent steigern und die Kosten der Unternehmen um bis zu 4,5 Prozent senken. Das IOBE hat ausgerechnet: Eine Öffnung aller „geschlossenen Berufe“ könnte der griechischen Wirtschaft einen Wachstumsschub von 13 Prozent geben. Das ist ein starkes Argument für die Reformen, denn Griechenland droht in diesem Jahr noch tiefer in die Rezession zu rutschen.

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