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Das Referendum drückte die Kurse der Aktien weltweit nach unten - Panik blieb aber aus.

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Griechenland: Referendum belastet weltweit die Börsen

Die Aktienkurse haben nach dem Griechenland-Referendum deutlich nachgegeben, die Anleihen vieler Euro-Länder stehen unter Druck. Dabei hätte es schlimmer kommen können.

Von Carla Neuhaus

Berlin - Das Nein der Griechen war klar und deutlich – die Reaktionen an den Börsen ebenso. Nachdem die Bürger im Referendum die Sparvorgaben der Gläubiger strikt abgelehnt haben, gaben die Aktienkurse am Montag weltweit nach. Ein deutliches Zeichen – wenn gleichwohl von einer Panik nicht die Rede sein kann.

So stand der deutsche Leitindex Dax bei Börsenschluss 1,5 Prozent tiefer bei 10 890 Punkten – während er vor Börsenöffnung noch mit einem Abschlag von drei Prozent gehandelt worden war. Der amerikanische Dow Jones Industrial fiel in den ersten Handelsminuten sogar auf den tiefsten Stand seit Anfang Februar zurück – doch auch er erholte sich. Dass das Minus längst nicht so dramatisch wie erwartet ausfiel, ist dem griechischen Finanzminister Yanis Varoufakis zu verdanken. Sein Rücktritt habe Anleger in letzter Minute von Panikverkäufen abgehalten, sagten Börsianer.

De Euro-Kurs bleibt erstaunlich stabil

Das spiegelt sich auch im Euro-Kurs wider. Die Gemeinschaftswährung fiel zunächst deutlich gegenüber dem Dollar, erholte sich dann aber. „Es ist erstaunlich, wie unglaublich stabil der Euro ist“, sagte der Leiter des Bereichs Investmentstrategie von Sal. Oppenheim, Lars Edle. „Es ist kein Crash zu sehen. Das ist ein Zeichen der Stärke.“ Der Markt sehe Griechenland nicht mehr als Spielverderber für den Euro.

Turbulenter ging es derweil am Anleihemarkt zu. Deutsche Staatstitel waren gefragt, während Anleihen aus südeuropäischen Ländern unter Druck standen. In Italien, Spanien und Portugal stiegen die Renditen für zehnjährige Staatsanleihen um jeweils etwa zehn Basispunkte. Die Renditen stehen für das Zinsniveau, das die Staaten aktuell für frisches Geld vom Kapitalmarkt zahlen müssten. Verglichen mit dem Höhepunkt der Euro-Krise ist der Anstieg allerdings noch verhalten. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat zugesichert, den Euro mit allen Mitteln zu verteidigen.

Kreditversicherungen für griechische Papiere sind teurer geworden

Die Lage könnte sich allerdings in den nächsten Tagen durchaus noch zuspitzen. In Griechenland schoss die Rendite zweijähriger Staatsanleihen 61 Prozent nach oben. Die Risikoaufschläge auf zehnjährige Staatstitel stiegen ebenfalls deutlich. Das ist ein klarer Hinweis darauf, dass die Anleger einen Zahlungsausfall Athens mittlerweile für sehr wahrscheinlich halten. Dafür spricht auch, dass die Anbieter von Kreditversicherungen mittlerweile extrem hohe Aufschläge verlangen, um griechische Staatsanleihen abzusichern. Für ein zehn Millionen Euro schweres Paket nehmen sie mittlerweile eine Anzahlung von mehr als sechs Millionen Euro, teilte der Datenanbieter Markit am Montag mit. Derartige Vorschüsse sind nur üblich, wenn ein Staat finanziell am Abgrund steht.

Besonders deutlich reagierten am Montag die Aktien der großen Geldinstitute. Die Titel von Deutscher Bank und Commerzbank verloren drei bis vier Prozent. Nach Angaben der Bundesbank waren die deutschen Großbanken zum Jahreswechsel noch mit 2,4 Milliarden Euro in Griechenland engagiert. Allerdings halten sie seit dem Schuldenschnitt 2012 kaum noch Staatsanleihen. Die Gelder stecken vielmehr in Unternehmen. Verluste machen die Institute daher erst, wenn es im Zuge einer Staatspleite auch eine Welle von Firmeninsolvenzen geben sollte.

Experten fürchten, der griechische Bankenmarkt könne zusammenbrechen

Dennoch sind die Börsianer besorgt. Sie fürchten eine Kettenreaktion, sollte das griechische Bankensystem zusammenbrechen. „Die Angst vor Ansteckungseffekten ist da“, sagt ein Börsianer. Denn die seit Tagen zumeist geschlossenen griechischen Banken stehen kurz vor dem Zusammenbruch. „Das Bankensystem wird sehr wahrscheinlich eingefroren bleiben und der paralysierte griechische Zahlungsverkehr beeinträchtigt die Realwirtschaft in den kommenden Wochen zunehmend“, sagte Citi-Analyst Ronit Ghose.

Marcel Fratzscher, Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, erwartet sogar „in den kommenden Wochen einen kompletten Zusammenbruch des griechischen Bankensystems“. Der Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone sei zwar die schlechteste Option, sie werde jedoch „immer wahrscheinlicher“. Ifo-Chef Hans-Werner Sinn geht sogar noch weiter. Der Ökonom fordert: „Die Drachme sollte sofort als virtuelle Währung eingeführt werden.“ mit dpa/rtr

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