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Ausgang offen. Im Ringen um die Gunst des Kapitalmarktes hatte Athen zuletzt Glück. Ob es dabei bleibt, ist offen. Im Bild: Zwei Ringer, die die Bodenplatte einer Statue verzieren, die im Archäologischen Museum von Athen steht.

© Orestis Panagiotou/dpa

Griechenland will auf eigenen Beinen stehen: Athen kämpft sich zurück an die Märkte

Griechenland will das IWF-Hilfsprogramm beenden und sich ab 2015 wieder selbst finanzieren. Unklar ist, ob das klappt.

Griechenland ist wieder stark genug, um auf eigenen Füßen zu stehen. Das zumindest glauben Ministerpräsident Antonis Samaras und sein Finanzminister Gikas Hardouvelis. Sie wollen das Hilfsprogramm des Internationalen Währungsfonds (IWF) zum Jahresschluss beenden, 15 Monate früher als geplant. Ende 2014 laufen auch die Zahlungen aus dem EU-Rettungsprogramm aus. Ab 2015 will Griechenland seinen Kreditbedarf wieder voll am Kapitalmarkt decken, kündigte Samaras an. Aber ist das Krisenland, das Mitte 2012 am Rand des Staatsbankrotts stand, wirklich schon so weit genesen? An den Finanzmärkten gibt es Skepsis.

Für Finanzminister Hardouvelis begann die neue Woche mit Reisestress: Am Sonntagmittag traf er in Washington mit der IWF-Chefin Christine Lagarde zusammen, am Montagnachmittag wurde er bereits wieder in Brüssel beim Treffen der Euro-Gruppe erwartet. Trotz des langen Nachtflugs habe Hardouvelis einen entspannten Eindruck gemacht, berichten Teilnehmer. Lagarde hatte ihm zu den Fortschritten bei der Haushaltskonsolidierung gratuliert. Nach einem Rekorddefizit von 15,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) verspricht Hardouvelis für 2015 erstmals einen nahezu ausgeglichenen Haushalt. Die IWF-Chefin mahnte Griechenland, bei den Strukturreformen am Ball zu bleiben. Zur Frage einer vorzeitigen Beendigung des IWF-Programms legte sich Lagarde nicht fest. Man habe „mögliche nächste Schritte“ diskutiert, hieß es vage in einer IWF-Erklärung.

Samaras, der unter immer stärkeren Druck der radikal-linken Opposition gerät, möchte mit einer Scheidung vom IWF politisch punkten. Erst in der Nacht zu Samstag hatte die Zweiparteienregierung aus der konservativen Nea Dimokratia und den Sozialisten in einer Abstimmung im Parlament eine Vertrauensabstimmung überstanden. Samaras will den Griechen signalisieren, dass die Ära der demütigenden Troika-Kontrollen zu Ende geht und sich das Land aus der Vormundschaft der internationalen Geldgeber befreit. Seit 2010 ist das Land mit insgesamt 240 Milliarden Euro internationaler Hilfszusagen vor der Staatspleite bewahrt worden.

Samaras würde zwar mit einem Ausstieg aus dem IWF-Programm, das regulär noch bis Ende März 2016 läuft, auf ausstehende Kredite von rund 15 Milliarden Euro verzichten. Allerdings sind die IWF-Kredite relativ teuer. Der Fonds berechnet Zinsen von rund 4,5 Prozent. Außerdem sind die Laufzeiten der Darlehen sehr kurz. So muss Griechenland bereits im kommenden Jahr für die Tilgung der 2010 und 2011 gewährten IWF-Kredite fast 8,5 Milliarden Euro aufbringen.

Bis 2016 braucht Athen 30 Milliarden Euro

In Athen glaubt man, sich das benötigte Geld am Finanzmarkt zu günstigeren Konditionen besorgen zu können. Bereits im April und im Juli konnte Griechenland erfolgreich fünf- und dreijährige Staatsanleihen platzieren. Voraussichtlich im November plant Athen außerdem die Emission eines siebenjährigen Bonds.

Der Refinanzierungsbedarf für die kommenden Jahre ist allerdings groß: 2015 und 2016 braucht das Land 30,4 Milliarden Euro, in den Jahren 2017 bis 2020 sogar 61 Milliarden. Es erscheint fraglich, ob Athen diese Gelder zu vertretbaren Konditionen am Markt aufnehmen kann. Die Emission vom April fand nicht zuletzt deshalb große Nachfrage, weil Griechenland noch unter der Aufsicht der Troika steht und EZB-Chef Mario Draghi entschlossen scheint, das Land im Euro zu halten. Schon im Juli führten die Turbulenzen im portugiesischen Bankensystem zu steigenden Risikozuschlägen für griechische Anleihen. Seit an den Finanzmärkten Gerüchte über eine vorzeitige Scheidung Athens vom IWF kursieren, sind die Renditen der Griechen-Bonds erneut um rund 100 Basispunkte gestiegen. Man fürchtet, ohne Aufsicht der Troika könnten Sparwille und Reformeifer in Athen erlahmen. Hinzu kommt die Verunsicherung angesichts eines möglichen Sieges der radikalen Linken, falls im kommenden Frühjahr vorgezogene Parlamentswahlen stattfinden sollten.

Der Draht zum IWF soll bleiben

Vor diesem Hintergrund wird die für November geplante Bond-Emission zu einem wichtigen Test. Institutionelle Anleger, aber auch Griechenlands EU-Partner würden es wohl gern sehen, wenn Griechenland trotz des angestrebten Verzichts auf weitere Hilfskredite die Brücken zum IWF nicht ganz abbricht. Im Gespräch ist, nach dem Abschluss des EU-Hilfsprogramms Ende des Jahres eine Art Sicherheitsnetz aufzuspannen – etwa in Form einer Kreditlinie, auf die das Land im Notfall zurückgreifen könnte.

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