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Griechische Staatsanleihen: Märkte lassen Athen fallen

Der Risikoaufschlag für griechische Staatsanleihen erreicht ein Rekordhoch, weil Athen seinen Haushalt offenbar nicht in den Griff bekommt. Zudem kursieren weiterhin Gerüchte um eine Umschuldung, die die Politik jedoch ablehnt.

Berlin - Angesichts wachsender Zweifel an der Haushaltssanierung in Griechenland steigen die Renditen der Staatsanleihen auf Rekordhöhe. Zweijährige Papiere rentierten am Mittwoch erstmals seit Gründung der Währungsunion bei mehr als 25 Prozent. Der Grund: An den Finanzmärkten halten sich hartnäckig Gerüchte um eine Umschuldung des Landes, also um eine Neuverhandlung Athens mit den Gläubigern über die Rückzahlung der Schulden. Auch bei den Anleihen Portugals und Irlands gab es Aufschläge, sie fielen aber geringer aus. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) will von einer Umschuldung derzeit nichts wissen.

Zweijährige deutsche Staatsanleihen rentieren dagegen mit rund 1,76 Prozent. Grund ist das gute Ansehen der Bundesrepublik bei Gläubigern. Steigende Renditen bei Anleihen entsprechen fallenden Kursen bei Aktien – die Zukunftsaussichten sind aus Sicht der Investoren dürftig.

Der Schuldenberg Griechenlands wird trotz aller Sparbemühungen 2012 wohl auf 160 Prozent der Wirtschaftsleistung steigen. Zugleich sind die Hilfskredite von 110 Milliarden Euro aus dem Rettungsschirm bald aufgebraucht. An den Märkten werden deshalb Szenarien für eine Neuordnung der Schulden durchgespielt.

Vor einem „Haircut“, also einem teilweisen Verzicht der Gläubiger auf das ihnen zustehende Geld, warnen Finanzexperten aber. „Dann könnte es zu einem Übergriff der Krise auf Irland, Portugal und womöglich Spanien kommen – die Auswirkungen wären nicht absehbar“, sagte Matthias Thiel, Ökonom bei der Bank M.M. Warburg. Dann müssten nicht nur die Euro-Staaten, die Athen Geld geliehen haben, und die Europäische Zentralbank, die griechische Anleihen in den Büchern hat, tiefe Einschnitte aushalten. Auch Banken, Pensionsfonds und Versicherer würden getroffen – vor allem in Griechenland, aber nicht nur dort. Gerade deutsche Banken sind in dem Land stark engagiert.

Vor einem zweiten Fall Lehman, dem Auslöser der weltweiten Finanzkrise, hat bereits EZB-Chefvolkswirt Jürgen Stark gewarnt. „Auszuschließen ist das nicht“, sagt auch Warburg-Mann Thiel. Taumelnde Banken und eine einknickende Realwirtschaft wären schlimmstenfalls die Konsequenz, ganz zu schweigen vom Ansehensverlust des Euro-Raums. „Man wird deshalb alles tun, um die Privaten bei der Lösung der Krise außen vor zu lassen – so schwer das der Politik auch fallen wird“, erwartet Volkswirt Thiel.

Das würde bedeuten, dass die Steuerzahler weiterhin die Hauptlast der Probleme Griechenlands tragen müssen. Möglich wäre das etwa durch eine Verlängerung des derzeitigen Rettungsschirms von EU und Internationalem Währungsfonds, der eigentlich 2013 auslaufen sollte. Denkbar wäre dabei, die privaten Schuldner über eine sanfte Umschuldung mit einem auf später verschobenen Rückzahlungstermin oder geringeren Zinssätzen einzubeziehen – statt mit einer pauschalen Reduzierung der Gesamtschuld.

Die Bundesregierung ist bemüht, keine Spekulationen über eine Umschuldung anzuheizen. Athens Finanzen seien erst im Juni wieder ein Thema, wenn die Etatentwicklung offiziell bewertet werde, sagte ein Sprecher von Finanzminister Wolfgang Schäuble. Bis dahin werde man zu dem Thema schweigen. Der FDP-Finanzpolitiker Frank Schäffler plädiert für rasches Handeln. Die Politik könne nun entweder weiter das griechische Defizit finanzieren – dann müsse sie zusehen, wenn früher oder später Portugal, Spanien und Belgien folgen, sagte er dem Tagesspiegel. „Oder sie kann die Notbremse ziehen, indem Griechenland jetzt geordnet umgeschuldet wird. Das wäre ein Signal an die anderen Wackelkandidaten.“

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