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Die Jungs von Coffeecircle glaubten an ihre Idee: Moritz Waldstein-Wartenberg, Robert Rudnick und Martin Elwert.

© promo

Gründersze: Wie Ideen gelingen

Großartig, was einem da eingefallen ist. Und nun? Kommt der schwierigste Teil: die Umsetzung. Drei jungen Männern ist das gelungen: Mittlerweile haben sie den Kaffeehandel revolutioniert.

Ihr spinnt doch.“ Das war die erste Reaktion von Robert Rudnick. Vor ihm saßen Martin Elwert und Moritz Waldstein-Wartenberg, die gerade aus Äthiopien zurück gekommen waren. Mit leuchtenden Augen und einer Idee: den Kaffeehandel zu revolutionieren. Mit ihm, den sie bei der Arbeit in einer Unternehmensberatung kennen gelernt hatten. Die drei jungen Männer hatten schon länger darüber gesprochen, sich gemeinsam selbstständig zu machen. Es fehlte nur noch die zündende Idee. Elwert und Waldstein-Wartenberg glaubten nun, das Geschäftsfeld gefunden zu haben. Kaffee, ausgerechnet, dachte Robert Rudnick, den gibt es doch schon zur Genüge.

Doch bevor er seinen Freunden die Schnapsidee ausreden konnte, probierte Rudnick erstmal den äthiopischen Kaffee, den Elwert und Waldstein-Wartenberg da mitgebracht hatten. Der Geschmackstest fiel positiv aus – erstes Glimmern in den Augen. Der Rest ging schnell, sie entwickelten ein Konzept, dass sie auf jeden Fall umsetzen wollten: Hochwertiger Kaffee aus dem Nord-Osten Afrikas, den sie über das Internet ohne Zwischenhändler direkt verkaufen und mit jeden Kauf spendet der Kunde gleichzeitig gezielt in ein von ihm ausgewähltes Hilfsprojekt in Äthiopien. Aus der Skepsis ist Begeisterung geworden, kurze Zeit später kündigten alle drei ihre Jobs, zogen von München nach Berlin und arbeiten daran, ihre Geschäftsidee zu verwirklichen: Coffeecircle. Inzwischen sind zwei Jahre vergangen und aus der Idee ist ein erfolgreiches Unternehmen geworden.

Nicht jede berufliche Idee gelingt so gut. Viele bleiben diffus, ein abstrakter Gedanke, eine Träumerei. Sei es ein Geschäft, eine Internetseite, ein Buch, oder eine Unternehmensstrategie, meistens schaffen es die Einfälle nicht aus dem Kopf des Ideengebers – egal wie großartig sie sind. Das Dilemma: „Eine Idee im Kopf ist nichts Wert“, sagt Timo Off, Kreativitäts- und Ideentrainer, „sie muss in die Welt gebracht werden.“ Nur warum ist es so schwer, eine Idee umzusetzen? Und wie macht man das?

DER SINN
Schwer gefallen ist es keinem von ihnen, den Job als Unternehmensberater zu kündigen. „Die Idee hat sich einfach gut angefühlt, die Mischung aus dem Kaffee, den Hilfsprojekten und der Internetvermarktung haben uns alle gepackt“, sagt Rudnick. Und die Aussicht, jeden Morgen mit einem guten Gefühl zur Arbeit zu gehen. Einem Gefühl von Sinn. Ein ganz wichtiges Element, sagen Experten, wenn es darum geht, eine Idee tatsächlich umzusetzen. Wo ist der Nutzen für meine Umwelt und warum will ich das machen? „Es ist die wichtigste Frage, die man für sich klären muss“, sagt Kai Jürgen Lietz, der Einzelpersonen bei Entscheidungsprozessen coacht. Nur so könne man mit Schwierigkeiten und Motivationstiefs umgehen und weitermachen. Und die werden kommen, dass müsse man von vornherein akzeptieren.

Der erste Teil ist die Kreativität – eine Idee wird geboren und man ist begeistert. Dann folgt der nüchterne Part. Scott Belsky, Kreativarbeiter und Geschäftsführer von „Behance“ – einer Firma in New York, die Kreative Bereichen zusammenbringt und bei der Ideenumsetzung hilft – schreibt in seinem Buch „Making Ideas happen“: Für eine erfolgreiche Idee brauche es ein Prozent Kreativität und 99 Prozent Schweiß und Arbeit. „Die größte Herausforderung ist das Umsetzen und das Durchhalten“, sagt Annegret Fuchs. Die Berliner Coacherin begleitet Menschen auf dem Weg, eine Idee zu realisieren.

{Wie man die eigenen Zweifel verstreut}

DER INNERE KRITIKER
Das größte Hindernis für Ideenfinder sind wir selbst, das eigene Ich. Beziehungsweise der innere Kritiker, der alles hinterfragt, schlecht redet und den eigenen Schweinehund noch zur Verstärkung mitbringt – mal mehr, mal weniger. Der einen das denken lässt, was Robert Rudnicks erste Reaktion war auf die Idee seiner heutigen Geschäftspartner: So eine Spinnerei! Auch bei ihm kommt mindestens einmal die Woche der innere Kritiker vorbei und stellt zweiflerische Fragen, erzählt Rudnick. „In solchen Momenten gieße ich mir unseren Kaffee auf, lese die Kundenkommentare auf unserer Internetseite oder rekapituliere, was wir schon geschafft haben.“ Er glaubt an die Idee und die Vision, was sie noch alles erreichen können. Das hält er sich immer wieder vor Augen. Denn am Ende, sagt er, sei man mit sich und dem inneren Kritiker allein. Nur wer überzeugt ist, kann andere mitreißen.

Umso wichtiger ist es, dass man sich zwar mit ihm auseinander setzt, den Zweifeln aber nicht die Führung überlässt. Und die Frage nach dem „warum mache ich das hier eigentlich“ sehr klar beantworten kann. Timo Off rät, die Argumente dieses inneren Miesmachers genau zu hinterfragen und zu prüfen. Gerade im Hinblick auf die Frage, ob sich die Idee wirtschaftlich trägt. Gründet jemand etwa aus der Not heraus, sollte man noch genauer hinhören.

„Der innere Kritiker hat auch positive Seiten“, sagt Annegret Fuchs. Manchmal sei es auch sinnvoll, zu zweifeln. Sie spricht dabei vom Bauchgefühl, dem man auf den Grund gehen sollte, indem man die Idee und das Konzept genau analysiert. Was fehlt noch, wo stimmt etwas noch nicht? Oder macht man sich gerade nur selbst verrückt? Annegret Fuchs empfiehlt in solchen Momenten einen Perspektivwechsel: Wie würden ein guter Freund oder eine Kollegin die Idee und die Zweifel bewerten? Mit dieser Distanz sei es leichter, rational zu schauen, was der innere Kritiker eigentlich will und ob er vielleicht Recht hat.

ETAPPENZIELE SETZEN
Eine andere Hürde ist es, wenn die Umsetzung der Idee sehr groß erscheint und der Weg sehr steinig. Auch hier besteht die Gefahr, das Vorhaben lieber in der Fantasie zu lassen als es dem Realitätscheck auszusetzen. Timo Off rät, die Verwirklichung in Etappen zu unterteilen. Dazu gehört, sich Termine zu setzen, etwa wann man die Idee öffentlich macht.

Die jungen Gründer von Coffeecircle – alle Ende 20 – sind zügig in die Offensive gegangen mit ihrer Idee. „Natürlich hängt es von dem Projekt ab, wie schnell man es verwirklicht“, sagt Annegret Fuchs. Dabei spielt es eine Rolle, ob man bald davon leben will oder erstmal nebenberuflich einsteigt, sagt die Coacherin. Hauptsache, man traut sich irgendwann aus der Deckung. Vor allem in der Industrie werden Ideen lange geheim gehalten, aus Angst, die Konkurrenz könnte sie sich zu eigen machen. Doch ansonsten mache es keinen Sinn, sagt Timo Off. Besser sei, es einfach zu machen, sobald Sinn und Nutzen geklärt sind. So könne einem niemand zuvor kommen. „Die Urheberschaft sollte aber in jedem Fall geschützt sein“, hebt Kai Jürgen Lietz hervor. Eine Idee wächst mit den Reaktionen von Außen. Wer anderen davon erzählt, etwa, ein Buch zu schreiben, setzt sich externem Druck aus und verpflichtet sich in gewisser Weise. Denn Freunde und Bekannte fragen nach, was aus der Idee geworden ist.

Auch wenn man sich ein Konzept erarbeitet hat – es wird nie zu hundert Prozent stehen. „Wir haben schon durch unseren Businessplan für den Förderkredit bei der KfW Bankengruppe sehr intensiv über unser Geschäftsmodell und mögliche Hindernisse nachgedacht“, sagt Rudnick. Trotzdem tauchen immer wieder Probleme auf, mit denen sie vorher nicht gerechnet haben. Ist man sich von vorn darüber herein im Klaren, bleibt man flexibel und aufmerksam.

ANDERE ÜBERZEUGEN

„Derjenige, der eine Idee hat, erntet erstmal Skepsis“, sagt Kai Jürgen Lietz. Timo Off nennt es den Fluch des Wissens – man selbst hat sich schon mit der Idee auseinander gesetzt und ist begeistert. Die anderen sind aber noch bei Null, wenn sie davon hören. Daher sei es am besten, die Komplexität, das „Wie“, vor der Umwelt zu verbergen. Und stattdessen den tollen Nutzen hervorzuheben, sagt Lietz. „Die Menschen interessiert nur, was sie von der Idee haben“, sagt der Entscheidercoach.

Die Experten empfehlen eine Umfeldanalyse und anschließend eine Kommunikationsstrategie. Sprich, wer ist von der Idee betroffen? Darunter fallen nicht nur der eigene Chef und Kollegen, sondern auch die mögliche Konkurrenz, der Konsument und der persönliche Bereich, wie die Familie. Anschließend sollte man sich die möglichen Reaktionen der Personen überlegen und sie in Skeptiker und Förderer unterteilen. Wem nutzt die Umsetzung, wer kann helfen, wen sollte man gezielt informieren über die Idee, wie Kritiker überzeugen?

Auch die Macher von Coffeecircle haben sich die Konkurrenz und den Nutzwert für den Konsumenten genau angeschaut. „Der deutsche Markt ist unter vier großen Kaffeebauern aufgeteilt“, sagt Rudnick. Dennoch haben sie eine Lücke für sich gesehen und sind das Risiko eingegangen, zu gründen. Obwohl sie wussten, dass jeder von ihnen 35 000 Euro Schulden hätte, falls das Unternehmen scheitert. Ohne diesen Glauben an die eigene Idee und die ausführliche Analyse hätten sie den Schritt nie gewagt, sagt Rudnick. Allein allerdings auch nicht. Er ist froh, dass sie ein Team sind.

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