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Wirtschaft: Gruselig schöne Geschäfte Die Deutschen freunden sich mit Halloween an –

und der Handel verdient Millionen

Von Maurice Shahd

und Sören Kittel

Als der amerikanische Handelskonzern Wal-Mart Ende der 90er Jahre seine ersten Filialen in Deutschland eröffnete, brachte er auch seine Einkäufer aus den USA mit. Ihr Job ist es, bei Herstellern und Großhändlern die Waren zu bestellen, die später in den Regalen der Supermärkte liegen. Also orderten sie in den Wochen vor dem 31. Oktober tonnenweise Gruselmasken, Plastikspinnengewebe und Kürbisse. Sie freuten sich schon auf ein brummendes Geschäft – zu Halloween. Was sie damals nicht wussten: Deutschland war noch ein Halloween-Entwicklungsland. Wal-Mart blieb auf den Waren sitzen.

Inzwischen hat sich Deutschland immerhin zu einer Art Halloween-Schwellenland gemausert. Besonders beliebt ist das Gruselfest im karnevalerprobten Rheinland. Nach einer Umfrage des Amtes für rheinische Landeskunde haben dort schon mehr als die Hälfte der Menschen mindestens einmal Halloween gefeiert. Besonders beliebt ist der Spaß bei Kindern und Jugendlichen: 93 Prozent der 4- bis 16-Jährigen sind Halloween-aktiv – 35 Prozent mehr als im Vorjahr.

Kräftig gefördert wird der Trend von Handel und Industrie. „Halloween ist für den Handel nach Weihnachten und Ostern zu einer der wichtigsten Verkaufsaktionen des Jahres geworden“, sagt der Handelsexperte Volker Dölle. Der Termin Ende Oktober passe den Händlern gut ins Konzept, weil er noch vor der heißen Phase des Weihnachtsgeschäfts die Möglichkeit biete, die Kunden in die Geschäfte zu locken. Nach Dölles Prognose setzt der Handel in diesem Jahr rund 220 Millionen Euro mit Halloween-Artikeln um – Tendenz steigend. Neben den Herstellern von Kostümen und Dekorationen für die allerorten stattfindenden Halloween-Partys haben die Spielwarenhersteller, die Süßwarenbranche und die Gastronomie das Thema für sich entdeckt.

Weltmarktführer in Sachen Halloween-Bedarf ist der amerikanische Rubies-Konzern. Vor fünf Jahren übernahm die Gruppe fünf deutsche Firmen, die Karnevalsprodukte wie Kostüme, Schminke oder Masken verkauften. Karneval sei zwar immer noch das Hauptgeschäft, doch inzwischen mache Rubies zehn Prozent seines Umsatzes in Deutschland in der Halloween-Zeit, sagt Verkaufsleiterin Janette Koschmieder. Besonders beliebt in diesem Jahr: künstliches Blut. Im Gegensatz zum Mutterland des Kürbis-Kults, den USA, werde in Deutschland das Fest aber weniger aufwändig gefeiert.

Die meisten Partys in Schulen

Tatsächlich scheint hier zu Lande der Reiz des Horrors – Halloween geht auf einen uralten Totenkult zurück (siehe Bericht unten) – nicht im Vordergrund zu stehen. „Die Leute freuen sich in der dunklen Jahreszeit einfach über einen Anlass, um eine Party zu feiern“, sagt die Landeskundlerin Gabriele Dafft. „Das reicht vom fröhlichen Kürbisfest bis zur Gruftiparty.“" Die meisten Halloween-Partys fänden in Schulen und Kindergärten statt.

Ein wichtiges Event ist Halloween für die Gastronomie geworden. Einer der Vorreiter war die irische Brauerei Guinness, die ihren Bierabsatz in den Irish Pubs mit Hexen-Shirts, Halloween-Bierdeckeln und Gewinnspielen zu steigern versucht. „Diskotheken, Kneipen und Partyveranstalter decken sich inzwischen in großem Stil mit Grusel-Dekorationen bei uns ein“, sagt Alexander Conde vom Halloween-Shop. Hoch im Kurs stehen in diesem Jahr Plastik-Skelette, Fledermaus-Girlanden und Spinnenkonfetti.

Im Mittelpunkt des Halloween-Festes steht aber nach wie vor der Kürbis. Im vergangenen Jahr wurden nach Angaben der Zentralen Markt- und Preisberichtsstelle in Deutschland Kürbisse im Wert von 1,3 Millionen Euro verkauft. Um Restaurants und deren Gästen die zeitweise etwas aus der Mode gekommene Frucht wieder schmackhaft zu machen, unterstützt sie die Marketinggesellschaft der Landwirtschaft CMA mit einem Halloween-Aktionspaket. „Darin enthalten sind 20 Kürbisrezepte sowie Dekomaterial wie Tischaufsteller und Plakate“, sagt CMA-Sprecher Detlef Steinert. Mehr als 2000 Gastronomen hätten das Aktionspaket in diesem Jahr angefordert. Der Renner des Pakets: Der „Drachenspieß“ mit Kürbis und Fleisch.

Maurice Shahd, Sören Kittel

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