zum Hauptinhalt

Wirtschaft: GUTACHTEN: Institute zerpflücken rot-grüne Steuerreform

BONN (aho).Die sechs führenden Wirtschaftsinstitute haben heftige Kritik an den rot-grünen Steuerplänen geübt.

BONN (aho).Die sechs führenden Wirtschaftsinstitute haben heftige Kritik an den rot-grünen Steuerplänen geübt.Sie hätten lieber eine "Reform aus einem Guß", heißt es in dem am Dienstag vorgestellten Herbstgutachten.Dabei sei die Haushaltslage gar nicht so schlecht.Die Steuereinnahmen seien besser als erwartet.Nur die Finanzkrisen in Asien und Rußland sorgten für Unsicherheit.

Die Steuerpläne der künftigen rot-grünen Regierung sind nach Meinung der sechs Institute "unzureichend".Sollte es bei den Vorschlägen bleiben, "trüge die Steuerreform kaum zu höherem Wachstum und mehr Beschäftigung bei", sagte der Konjunkturexperte des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Gustav-Adolf Horn.Nach Ansicht der Forscher entlastet die Reform die privaten Haushalte im kommenden Jahr um 13 Mrd.DM, dagegen würden die Unternehmen mit 6,5 Mrd DM belastet.

Die Fachleute fordern die neue Regierung auf, die Tarife bei der Einkommen- und Körperschaftsteuer deutlicher zu senken sowie den Solidaritätszuschlag, Vergünstigungen und Sondertatbestände zu streichen.Beispielsweise könnten Subventionen bei Landwirtschaft, Werften und mittelfristig beim Kohlebergbau wegfallen.Darüber hinaus sollte die Regierung eine Finanzlücke von zehn Mrd.DM hinnehmen, weil die Reform die öffentlichen Kassen wachstumbedingt um drei bis vier Mrd.DM schont.Insgesamt sehen die Forscher einen Finanzierungsspielraum bei den öffentlichen Kassen von 20 bis 30 Mrd.DM.

Eine stärkere Verschuldung halten die Forscher für nicht problematisch.Die gesamtstaatliche Defizitquote sinkt ihrer Ansicht nach im kommenden Jahr um 0,6 Prozentpunkte auf 1,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.Die Vorgabe des Maastricht-Vertrags schreibt eine Grenze von 3 Prozent vor.Der Grund für die niedrigeren Schulden: Die Steuereinnahmen fließen besser als erwartet, weil die scheidende Bundesregierung einige Abschreibungsmöglichkeiten eingeschränkt hat.So dürften in diesem Jahr fünf Mrd.DM mehr in die Kassen fließen, im kommenden Jahr zwei Mrd.DM mehr, als die Steuerschätzer im Mai prognostiziert hatten.Dagegen steigen die Staatsausgaben in diesem Jahr nur leicht um 1,7 Prozent - wegen der Sparmaßnahmen im Gesundheitssektor, den moderaten Lohnabschlüssen und den niedrigen Zinsen.1999 werden die Ausgaben allerdings etwas stärker zulegen.

Auch andere Pläne der neuen Regierung beurteilen die Wirtschaftsforscher kritisch.So glauben sie nicht, daß das geplante Bündnis für Arbeit die Arbeitslosenzahl drastisch verringern wird.Aufgrund der Tarifautonomie könne Gerhard Schröder nur moderierend wirken und Anreize schaffen.Ebenfalls skeptisch schätzen sie die Ökosteuerpläne ein.Sie seien keine "Patentlösung", um Arbeitsmarkt und Umweltprobleme zu lösen.Dazu zeigten die meisten Untersuchungen, daß solche Pläne "eher geringe Wirkungen für die Beschäftigung haben".

Für das laufende Jahr erwarten die Forscher, daß das Wachstum im Winter abflaut und die Konjunktur eine Delle erhält.Im Verlauf des kommenden Jahres werde sie aber wieder anziehen.Dennoch wird sich das Wachstum 1999 rund um den Globus wegen der Asien- und Rußlandkrisen verlangsamen.Dabei sehen die Forscher in Fernost nur wenig Hoffnung.Die hartnäckige Rezession in Japan und die Abwertung des Yen hätten schwere Folgen in den Nachbarstaaten gehabt.Die Produktion sei in den meisten Krisenländern stärker geschrumpft, als im Frühjahr prognostiziert worden sei.Nur Taiwan und China hätten ihre Produktion gesteigert.Ebenfalls unklar ist noch, ob die chinesische Regierung ihre Währung Renminbi und den Hongkong-Dollar abwertet.Dadurch würden die Länder weiter unter Druck geraten.Sehr skeptisch zeigen sich die Forscher hinsichtlich der weiteren Entwicklung in Rußland.Dort werde das BIP in diesem Jahr und im nächsten Jahr um drei Prozent zurückgehen.Für die Krise machen die Institute mangelnde Reformen und fehlende Institutionen in Rußlands Wirtschaft verantwortlich.

Die deutsche Wirtschaft leidet unter den Krisen aber nur wenig.So gleicht die inländische Nachfrage den Rückgang beim Export aus.Außerdem wickelt die Bundesrepublik fast die Hälfte der Ausfuhren mit den EU-Ländern ab, dort sei die Konjunktur weiterhin günstig.Deshalb fordert die Mehrheit der Institute auch nicht, die Zinssen zu senken - mit Ausnahme des DIW.Auch bei der Lohnpolitik begeben sich die Berliner auf Konfrontationskurs zu den anderen Instituten.Sie wollen nicht an der moderat gestiegenen Lohnentwicklung festhalten, sondern eine am Zuwachs der Produktivität orientierte Lohnpolitik mit kräftigen Zuwächsen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false