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Gutachten: Wirtschaftsweise zerpflücken Koalitionspläne

Die Wirtschaftsweisen haben die auf Pump finanzierten Steuersenkungspläne der neuen Regierungskoalition scharf kritisiert. In ihrem heute an Kanzlerin Merkel überreichten Gutachten werfen die Regierungsberater Union und FDP zugleich fehlende Aussagen zur Sanierung der Staatskassen vor.

Es sei lediglich von einer Konsolidierung der Haushalte die Rede, „konkrete Angaben fehlen völlig“, kritisierte der Vorsitzende des Sachverständigenrates, Wolfgang Franz. Merkel sagte bei der Übergabe der schonungslosen Analyse und fundamentalen Kritik an Schwarz-Gelb im Kanzleramt lediglich, im Ziel sei sich die Regierung mit den Ökonomen völlig einig. Es müsse alles getan werden, damit die düsteren Prognosen nicht einträfen.

In ihrem aktuellen Gutachten schreiben die „Fünf Weisen“: „Steuersenkungsversprechen ohne solide Gegenfinanzierung, wie sie sich im Koalitionsvertrag finden, sind unseriös.“ Bei der Einkommensteuer stehe die nötige Haushaltssanierung größeren Reformen entgegen. „Auch wenn es die neue Bundesregierung nicht wahrhaben will: Ohne harte Einschnitte bei den öffentlichen Ausgaben oder ohne Erhöhungen von Steuern oder anderen Abgaben kann eine Konsolidierung der staatlichen Haushalte nicht gelingen“, heißt es unmissverständlich. „Grundsätzlich sind Ausgabenkürzungen Steuererhöhungen vorzuziehen.“

Die „Fünf Weisen“ sagen der deutschen Wirtschaft für 2010 ein Wachstum von 1,6 Prozent voraus. Der Sachverständigenrat ist damit optimistischer als die schwarz-gelbe Bundesregierung. Franz warnte jedoch davor, dieses Plus überzubewerten. Die Erholung im Jahr 2010 werde „allenfalls mäßig ausfallen“. Wegen eines statistischen Effektes betrage der tatsächliche Zuwachs eigentlich nur 0,9 Prozent. „Das hält die Euphorie in Grenzen“, sagte Franz.

Horrorszenarien auf dem Arbeitsmarkt mit fünf Millionen Erwerbslosen im Jahresschnitt würden nicht eintreten, sagte er. Die „Weisen“ gehen von knapp vier Millionen Arbeitslosen im kommenden Jahr aus. 2009 liege die Arbeitslosigkeit im Jahresschnitt bei etwa 3,4 Millionen Menschen.

Union und FDP wollen Bürger und Unternehmen dauerhaft um jährlich 24 Milliarden Euro entlasten. In einem ersten Schritt soll es Entlastungen bereits zum Januar 2010 im Umfang von 8,5 Milliarden Euro geben. Sie werden mit neuen Schulden finanziert. „Möglichst“ von Anfang 2011 an soll es weitere Entlastungen sowie eine Reform der Einkommensteuer mit einem Stufentarif geben. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte kürzlich mit Hinweis auf die leeren Kassen erklärt, dass es in den kommenden vier Jahren keine grundlegende Steuerreform geben werden. Dies sieht die FDP anders. Merkel hatte sich für einen Stufentarif und eine Reform von 2011 an ausgesprochen.

Union und FDP hoffen, die Milliardenausfälle in Folge der Steuersenkungen durch Mehreinnahmen dank eines stärkeres Wachstums größtenteils zu kompensieren. Die „Wirtschaftsweisen“ halten dies für unrealistisch. „Steuersenkungen finanzieren sich, vorausgesetzt sie sind richtig konzipiert, zu einem bestimmten Teil, aber niemals vollständig selbst“, heißt es in dem Gutachten.

Dauerhafte Steuersenkungen müssten daher bei sich erholender Wirtschaftstätigkeit entweder durch Ausgabenkürzungen oder durch Abgabenerhöhungen an anderer Stelle gegenfinanziert werden. Mit Blick auf die Rekordverschuldung heißt es, letztlich sei für eine Haushaltssanierung eine Kürzung staatlicher Ausgaben oder die Erhöhung von Steuern und Abgaben notwendig. „Allein durch wirtschaftspolitisch induziertes Wachstum lässt sich die Konsolidierungsaufgabe nicht bewältigen.“

Die Regierungsberater plädieren für den Rückzug aus den staatlichen Anti-Krisenprogrammen vom Jahr 2011 an. Der Ausstieg sollte nicht zu früh erfolgen. Die Politik sollte aber schon jetzt klare Signale für eine „Exit-Strategie“ geben. Diese dürfe die konjunkturelle Stabilisierung nicht gefährden. Sie müsse aber die krisenbedingten staatlichen Eingriffe auf ein Normalmaß zurückführen. „Der Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und FDP lässt insbesondere im Hinblick auf die Exit-Strategie nur bedingt den Schluss zu, dass sich die neue Bundesregierung des Ausmaßes dieser Herausforderungen bewusst ist“, wird kritisiert. (smz/dpa)

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