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Gute Beratung: Was geschieht, wenn nichts geschieht

Vom Wesen und Wirken der Beratung – es ist vor allem ein Angebot, im Privaten wie im Professionellen.

Da bist du aber schlecht beraten – wer kennt ihn nicht, den Spruch. Oder umgekehrt: Da warst du aber gut beraten. Dabei holen sich viel zu wenige, ob im beruflichen oder im privaten Umfeld, Rat ein. Weil sie denken, es schon zu wissen? Weil sie denken, es sei eine Selbstverständlichkeit, was sie hören. Kann sein – aber auch darin kann Beratung ihren tieferen Sinn haben: das zu hören, was man schon weiß, an das Selbstverständliche erinnert zu werden.

Beratung ist ein einfacher wie zugleich komplexer Vorgang. Komplex, weil sich verschiedene Bedeutungs- und Wahrnehmungsebenen ineinander verschieben. Wer berät, muss die immer auseinander halten, um erfolgreich zu sein. Einfach wirkt es, weil Beratung selbst eine klare Anforderung an den Berater stellt: strukturiert vorzugehen und zu kommunizieren. Wobei kommunizieren vom lateinischen communicare abstammend ja nicht meint, bloß freundlich miteinander zu reden, sondern etwas gemeinsam zu schaffen, eine Brücke zu bauen ins Verständnis.

Beratung kann auch geschehen mittels einer e-Mail oder in einem Brief, das natürlich auch. Aber ein Gespräch ist die Form, die am schnellsten am meisten Wirkung erzeugt. Denn zumeist geht es ja darum, praktisch zu werden, zum Handeln anzuleiten, um eine Aufgabe zu meistern oder ein Problem zu lösen. Oder, besser ausgedrückt: Eine Herausforderung als solche zu begreifen, und zwar in des Wortes zweifacher Bedeutung – begreifen im Sinne von verstehen, und begreifen im Sinne von anpacken.

Wichtig ist, dass demjenigen, der beraten wird oder sich nach einem Abwägungsprozess dazu entschlossen hat, Rat einzuholen, klar wird: Es geschieht in bester Absicht, nämlich in helfender. Ratschläge können schließlich auch als Schläge empfunden werden; das muss vermieden werden, unbedingt. Miteinander eine Gesprächsebene zu finden bedeutet, dass verschiedene Reflexionsebenen angesteuert werden können. Natürlich ist ein Ziel, Wissen, Kenntnisse zu vermitteln und zur Weiterverwendung zur Verfügung zu stellen.

Jeder ist gut beraten, sich raten zu lassen

Das klingt statischer, als es ist: Das Wissen muss ja auch angenommen werden. Erst dann wird, nächste Stufe, Rat als fundiert angenommen, und, wieder eine Stufe mehr, danach in die Tat umgesetzt. Dann, und erst dann, übrigens zeigt sich, welchen Wert Beratung haben kann. Erfolg lässt sich darum nicht erzwingen, weil sich auch die Annahme von Rat nicht erzwingen lässt. Im Wesentlichen ist es wie bei Freundschaft: Der, dem sie angeboten wird, entscheidet, ob er sie annimmt.

Der Rat kann noch so freundlich sein, der Beratene entscheidet, was daraus wird. Jeder Berater, gleich wo, kennt diese Grenze, diese Begrenzung. Manchmal besteht der Sinn deshalb auch vor allem darin, es gesagt zu haben, um Konsequenzen vor Augen zu führen. Also einen Prozess des besseren Verständnisses eingeleitet zu haben. Denn: Es geht bei dem, von dem hier die Rede ist, nicht um Erziehung, sondern um Ermunterung. Und zwar zu etwas, quasi aus eigenem Willen und Wissen, selbstständig, um eine eigene Souveränität aufzubauen.

Jeder soll selbst sein bestes Führungsinstrument werden – da grenzt Beratung nicht an Therapie, wohl aber an Coaching. Zumal es in solchen Situationen, denen unter Freunden, oder in professionellen Gesprächsprozessen, immer Widerstände geben wird. Schon gehört, gesehen, gemacht. Das nicht zu Blockaden werden zu lassen heißt, nicht anordnend zu werden, sich nicht überzuordnen. Hierarchisches Denken führt zum Wunsch nach anarchischer Reaktion.

Vorschläge aber sind keine Schläge und Fragen führen – zur Durchdringung der Situation und der Bereitschaft zur Regeneration der eigenen Begeisterungsfähigkeit. Was willst du tun, warum, was hindert dich, was geschieht, wenn nichts geschieht, was ist, wenn es gelingt… Da liegt viel drin, viel an Stärke – des anderen. So ist jeder gut beraten, sich raten zu lassen. Oder, wenn gebeten, Rat zu geben. Daran ist nichts Schlechtes.

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