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Wirtschaft: Gute Chancen für Borsig in Berlin

Tochter von der insolventen Konzernmutter abgekoppelt / Streit um Finanzierungsfragen in Oberhausen

Berlin (fo). Während Banken und Management um die Finanzierung der geplanten Auffanggesellschaft für einige Tausend Beschäftigte des Babcock-Konzerns in Oberhausen ringen, stehen die Chancen für die ehemalige Berliner Tochter Borsig GmbH offenbar recht gut. Der Insolvenzverwalter Christian Köhler-Ma aus der Sozietät Leonhardt & Partner sagte auf Anfrage, dass sich für rund zwei Drittel der ehemals 530 Mitarbeiter eine „recht positive“ Entwicklung abzeichne. Das Berliner Unternehmen hat sich komplett von dem insolventen Maschinen- und Anlagenbaukonzern aus dem Ruhrgebiet abgekoppelt. Gegenüber der früheren Muttergesellschaft, so Köhler-Ma, bestünden jetzt noch Forderungen von etwa acht Millionen Euro, die im Zuge des so genannten Cash-Managements aus Berlin nach Oberhausen geflossen waren. Diesen Betrag will der Insolvenzverwalter jetzt zurückverlangen. Welche Chancen die Forderung gegen das insolvente Unternehmen hat, ist jedoch offen.

Drei Kaufinteressenten

Von den 400 Borsig-Beschäftigten in Berlin arbeiten 244 seit einigen Tagen in einer Mitte September neu gegründeten Borsig GmbH, weitere 22 haben eine Stelle in einer eigenständigen, vom Management übernommenen Logistikfirma gefunden. Für das Kernunternehmen stehen laut Köhler-Ma bislang drei ernsthafte Interessenten bereit, alles mittelständische Unternehmen aus der Anlagenbaubranche. n wollte er nicht nennen. Darüber hinaus habe sich auch ein Finanzinvestor gemeldet. Für knapp 100 Borsig-Mitarbeiter aus dem Chemiedreieck bei Halle hat der Anwalt inzwischen einen Käufer aus Österreich gefunden.

Köhler-Ma hofft, dass er bis Jahresende einen Vertrag zur Übernahme abschließen kann. Aber es bestehe glücklicherweise keine Eile. Für die Borsig-Mitarbeiter hat er mit der IG Metall einen Sanierungstarif vereinbart, der etwa 15 Prozent unter dem Metalltarif liegt. Damit, so Köhler-Ma, habe das Unternehmen „gute Chancen am Markt“.

Bei der Sanierung des insolventen Babcock-Borsig-Konzerns gibt es einem Zeitungsbericht zufolge neue Probleme. Wie die „Rheinische Post“ am Donnerstag unter Berufung auf Bankenkreise berichtete, lehnte die Westdeutsche Landesbank (WestLB) die Finanzierung des Sanierungskonzepts ab. Damit müssten rund 3000 Mitarbeiter der Babcock-Kerngesellschaften wieder um ihre Stellen bangen, berichtete die Zeitung. Ein Sprecher der WestLB sagte dagegen auf Anfrage, die Verhandlungen über das Sanierungskonzept dauerten an. „Die Gespräche gehen weiter.“ Nach Informationen des Tagesspiegel verhandelte Babcock-Chef Horst Piepenburg am Donnerstag mit den Banken. Ein Babcock-Sprecher betonte, das Unternehmen äußere sich nicht zu laufenden Verhandlungen. Für die Auffanggesellschaft benötigt Babcock einen Kredit in dreistelliger Millionenhöhe.

Laut „Rheinischer Post“ wäre bei einer Ablehnung des Sanierungskonzepts durch die WestLB die Auffanggesellschaft Babcock Borsig Power Systems in Gefahr, die eigentlich im Oktober starten sollte. Anders als die WestLB hielten dem Bericht zufolge alle anderen Banken, mit denen der Babcock-Vorstand verhandelt hat, das Sanierungskonzept für schlüssig. Sie seien bereit, ihren Teil zur Finanzierung der Auffanggesellschaft zu leisten. Pikant daran ist, dass die WestLB als Hausbank und Babcock-Aktionär sehr eng mit dem Unternehmen verbunden ist. Der frühere Vorstandsvositzende der Bank, Friedel Neuber, ist zugleich Aufsichtsratschef des Anlagenbauers. Der über hundert Jahre alte Traditionskonzern hatte Anfang Juli Insolvenz anmelden müssen, nachdem einzelne Gläubigerbanken einem Sanierungspaket von Bund und Landesregierung ihre Zustimmung verweigert hatten. Das Verfahren ist Anfang September eröffnet worden. Seitdem sind bereits einige kleine Unternehmensbereiche verkauft worden. Der erhoffte schnelle Verkauf des US-Geschäfts ist jedoch im ersten Anlauf gescheitert. Erst vor zehn Tagen hatte Babcock Borsig seine letzten Aktien von der Kieler Werft HDW an den US-Investor One Equity Partners (OEP) verkauft. Babcock kassiert für den HDW-Anteil von 25 Prozent plus einer Aktie einen zweistelligen Millionen-Euro-Betrag und damit mehr als zunächst vereinbart. Die Gläubiger könnten durch diesen Mittelzufluss damit rechnen, dass ihre Forderungen nun zu einer höheren Quote befriedigt werden, sagte Unternehmenschef Horst Piepenburg.

Nach Meinung von Babcock-Großaktionär Guy Wyser-Pratte verstößt das Unternehmen damit aber gegen ein gerichtliches Verkaufsverbot. Wysers-Pratte hatte inzwischen auch angekündigt, Schadenersatzklage gegen Friedel Neuber einreichen zu wollen. Die Klage richte sich auch gegen den Babcock-Wirtschaftsprüfer Price-Waterhouse-Coopers und den TUI-Konzern, vormals Preussag als Babcock-Großaktionär.

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