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Wünsch' dir was. Gutscheine für Bekleidung werden besonders häufig verschenkt.

© dpa

Gutscheine werden immer beliebter: Schöner Schein

Von wegen Notlösung: Gutscheine werden als Weihnachtspräsent immer beliebter. Das ist bequem für Geber, Nehmer – und Händler. Was man wissen sollte.

Von Maris Hubschmid

Den Zettel verlegt, auf dem die Pyjama-Größe des Neffen notiert war? Keine Lust, die gewünschte Stehlampe durch den Zug zu schleppen? Und – herrje! – noch immer keine Idee für Onkel Klaus? Da kommt der Gutschein gerade recht: Nahezu alle größeren Händler bieten Geschenkkarten an, heißt es beim Handelsverband Deutschland (HDE). Dabei haben die längst das Image vom einfallslosen Last-Minute-Geschenk abgestreift. Der Gutschein ist 2014 das beliebteste Weihnachtspräsent, ergab eine Verbraucherumfrage des Branchenverbands in Kooperation mit der Hochschule für Oekonomie & Management FOM. Rund drei Prozent ihres Umsatzes zum Jahresende wollen Händler damit machen – insgesamt drei Milliarden Euro, schätzt der HDE.

„Der Gutschein wird immer populärer“, bestätigt Wolfgang Adlwarth von der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK). Die hat ermittelt, dass bereits 27 Prozent aller Schenker in Deutschland Freunde oder Familie mit Geschenkkarten beglücken wollen. Bei den Unter-30-Jährigen ist es schon jeder Dritte – „dabei wächst nicht nur die Zahl derjenigen, die Gutscheine kaufen, sondern auch der Durchschnittswert“, sagt Adlwarth. Der liegt demnach nunmehr bei glatten 100 Euro, exakt doppelt so hoch wie noch 2010. Diese wachsende Großzügigkeit mag auch damit zusammenhängen, dass der Beschenkte genau sehen kann, wie viel der andere ausgegeben hat – Ethnologen sprechen von der „zunehmenden Monetarisierung der Geschenkekultur“. Andererseits spart sich der Schenker Zeit und Nerven. Der Druck, Einfühlungsvermögen und Kreativität beweisen zu müssen, entfällt. Einen Gutschein zu verschenken, ist in vieler Hinsicht komfortabel – auch für den Empfänger, der nicht in die Situation gerät, Freude vor- oder den Geber enttäuschen zu müssen.

Der Gutschein als eingeschränkte Freiheit

Auch unter den Älteren gewinnt der Gutschein an Akzeptanz, mit klaren Vorteilen gegenüber dem nach wie vor verbreiteten Bargeld-Geschenk. Denn wenngleich er eine große Auswahl bietet, gibt der Gutschein doch zumindest eine Richtung vor – und bekommt dadurch als Geschenk eine persönliche Note. Wer sich für einen Gutschein entscheidet, verschenkt quasi die eingeschränkte Freiheit: Er erkennt einerseits an, wie individuell der Mensch ist, dem er eine Freude machen will, berücksichtigt aber gleichzeitig dessen Vorlieben.

Besonders erfolgreich sind Gutscheine für Bekleidung und Accessoires. Rund 16 Prozent aller Gutscheinausgaben entfallen auf diese Segmente, heißt es bei der GfK. „Am zweitstärksten ist das Geschäft mit Restaurant- oder Reisegutscheinen“, erklärt Adlwarth. Das zeigt auch: „Das Verschenken eines gemeinsamen Erlebnisses ist eine wichtige Komponente.“ Auch Dienstleistungen in Bereichen wie Wellness und Kosmetik werden gern genommen, ferner Gutscheine für Unterhaltungselektronik, Bücher und Schönheitsprodukte. Universalgutscheine für ganze Einkaufszentren oder Händlerverbünde werden zwar auch verstärkt angeboten, machen aber bislang nur einen geringen Teil vom Gesamtumsatz aus.

Kein Rückgaberecht

Dafür bieten Supermärkte und Drogerien wie Kaiser’s und dm vielerorts auch Gutschriftkarten anderer Unternehmen an – und machen das Schenken so noch einfacher. In einem Zug mit dem Wochenendeinkauf kann auch das Besorgen des Ikea-Gutscheins abgehakt werden. „Immer mehr Gutscheine werden auch im Internet heruntergeladen“, sagt Konsumforscher Adlwarth. Unter den Online-Shoppern ist die Affinität zu Gutscheinen traditionell ausgeprägt.

Bei aller Bequemlichkeit: Ein paar Dinge sollten Schenker und Beschenkte beachten. Die Karten sind nicht unbegrenzt gültig, warnt Katja Müller von der Verbraucherzentrale Berlin. Gutscheine, die an ein bestimmtes Datum geknüpft sind, lassen sich in der Regel nicht abändern. Kunden mit Terminschwierigkeiten können lediglich auf die Kulanz des Anbieters hoffen. Lassen sie den Termin verstreichen, besteht kein Recht auf eine Ersatzleistung. Gutscheine von Händlern, die einen Online-Shop besitzen, gelten grundsätzlich auch dafür. Umgekehrt sind Online-Gutscheine häufig aber nicht im stationären Handel einsetzbar. Ein Rückgaberecht gibt es – auch bei Fernabsatzgeschäften – für Gutscheine nicht. Dennoch rät Verbraucherschützerin Müller, den Kassenbon aufzubewahren – sollte der seltene Fall eintreten, dass eine Plastikkarte, wie sie die meisten Händler inzwischen verwenden, nicht die Summe aufweist, mit der sie aufgeladen werden sollte, ist er der Beweis für den Kaufbetrag.

Weniger Umtauschaufwand

Sofern nicht anders vermerkt, haben die Karten eine Verjährungsfrist von drei Jahren. Diese Frist beginnt immer erst am Schluss des Jahres, in dem der Gutschein ausgestellt wurde – ein Gutschein, der im November 2014 gekauft wurde, kann also bis zum 31. Dezember 2017 eingelöst werden. Und selbst, wenn das Verfallsdatum klar erkennbar ist: Laufzeiten von weniger als einem Jahr stufen Gerichte als unangemessen ein.

In der Regel stellt sich diese Frage aber nicht. „Der Großteil der Beschenkten löst die Gutscheine gleich nach Weihnachten ein“, sagt Stefan Hertel vom Handelsverband. Die Geschäfte stellen sich deshalb auf ein hohes Besucheraufkommen zwischen den Feiertagen ein. Dafür haben sie Jahr für Jahr weniger Umtauschaufwand – je mehr sich die Geschenkeauswahl auf die Beschenkten verlagert, desto weiter sinkt die Rückgabequote.

Instrument für Kundenakquise

Auch sonst profitieren die Händler vom Gutscheintrend. „Zum einen haben sie einen Zinsgewinn, weil sie heute Geld bekommen, für das sie erst morgen Waren liefern müssen“, sagt Analyst Adlwarth. Außerdem kaufen Kunden oft mehr ein, als durch den Gutschein abgedeckt ist – zahlen also drauf. Manchmal locken die Plastikkärtchen überdies auch Menschen in die Läden, die zuvor nicht zum Kundenstamm gehörten. „Der Gutschein hat sich zu einem nützlichen Instrument für die Neukundenakquise entwickelt“, sagt Adlwarth.

Ein rundum gutes Geschäft also – das sind Gutscheine auch dann, wenn der Besitzer ganz vergisst, sie einzulösen oder verliert. Statistiken darüber gibt es zwar nicht. Die GfK schätzt den „Schwund“ aber auf drei bis vier Prozent. In manch einem Fall freut sich dann vielleicht ein Dritter: Gutscheine sind per se nicht an eine Person gebunden, sondern wie Bargeld zu begreifen. Wer einen findet, darf ihn behalten – oder weiterverschenken.

Aktuelle Information in eigener Sache: mit klickstern.de hat der Tagesspiegel eine neue Plattform für lokale Deals und Gutscheine in Berlin entwickelt.

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