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Wirtschaft: Gutverdiener sollen mehr für Pflege zahlen Rürup-Kommission tagt erstmals zur Pflegeversicherung – und diskutiert über höhere Beitragsbemessungsgrenzen

Berlin (ce). In der RürupKommission gibt es Überlegungen, gutverdienenden Personen bei der Pflegeversicherung höhere Beiträge abzuverlangen.

Berlin (ce). In der RürupKommission gibt es Überlegungen, gutverdienenden Personen bei der Pflegeversicherung höhere Beiträge abzuverlangen. Dazu soll die Beitragsbemessungsgrenze aufgehoben werden, bis zu der Arbeitnehmer ihre Beiträge entrichten müssen. Derzeit liegt sie bei 3450 Euro. Im Gegenzug könnte der Beitragssatz von 1,7 Prozent für alle Zahler leicht sinken.

Für eine solche Reform setzt sich Kommissionsvertreter Frank Nullmeier ein, Professor für Politikwissenschaft an der Universität Bremen. In einem Konzept, das dem Tagesspiegel vorliegt, fordert Nullmeier zudem, die beitragsfreie Mitversicherung von Ehepartnern in der Pflege abzuschaffen. Die Arbeitsgruppe Pflege der Rürup-Kommission debattierte am Donnerstag erstmals verschiedene Modelle zum Umbau der Pflegeversicherung.

Nur acht Jahre nach seiner Einführung steht der jüngste Zweig der Sozialversicherung vor finanziellen Problemen. Erwirtschafteten die gesetzlichen Pflegekassen noch im Gründungsjahr Überschüsse von knapp 3,5 Milliarden Euro, so gerieten sie seit 1999 in die roten Zahlen. Im Jahr 2002 erreichte das Defizit mit 400 Millionen Euro ein Rekordniveau. Verantwortlich dafür ist der steigende Anteil Pflegebedürftiger sowie der Trend zur teuren stationären Behandlung. Auch wegen der hohen Arbeitslosigkeit brechen Einnahmen weg. Zwar verfügen die Pflegekassen derzeit noch über Rücklagen in Höhe von knapp fünf Milliarden Euro. Diese Reserve könnte in den kommenden Jahren aber aufgebraucht sein.

Finanzierungsprobleme entstehen nach Ansicht des Kommissionsmitglieds Nullmeier dann, „wenn eine Leistungsdynamisierung erfolgt und damit der bisherige Kurs der schleichenden Entwertung der Pflegeversicherungsleistungen verlassen wird“. Sozialverbände kritisieren seit langem, dass seit 1995 die Leistungen nicht angepasst worden und damit real weniger wert sind.

Die Vorstellungen über eine Neugestaltung der Pflegeversicherung gehen in der Rürup-Kommission weit auseinander. Einigkeit besteht nur darin, dass der Beitragssatz von 1,7 Prozent nicht steigen darf. Stark umstritten ist ein Vorstoß der Vorsitzenden des Paritätischen Wohlfahrtsverbands, Barbara Stolterfoht, die eine steuerfinanzierte Pflege fordert, die nur bei Bedürftigkeit bezahlt wird. Die Pflege sei aber ebenso wie Krankheit „ein allgemeines Lebensrisiko“, kritisiert Nullmeier. Mit einer solchen Lösung werde „im Prinzip auf die alte Sozialhilfelösung zurückgegangen“. Mit der Einführung der Versicherung sollte gerade verhindert werden, dass Pflegebedürftige zum Sozialfall werden.

Für eine Integration der Pflege- in die Krankenversicherung setzt sich nach Informationen des Tagesspiegel der Berliner Ökonom Gert G. Wagner vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) ein. Damit ließen sich Abgrenzungsprobleme vermeiden. Heute schieben sich Kranken- und Pflegekassen häufig die Kosten für die Behandlung älterer Menschen zu. Eine stärkere private Vorsorge fordern die Unions-Gesundheitsexperten um Horst Seehofer (CSU). Sie prüfen etwa die Variante einer privaten Zusatzvorsorge nach dem Modell der Riester-Rente.

Nullmeiers Vorstoß für einen „durchgehend proportionalen Beitragstarif“ werden in der Rürup-Kommission nach Informationen aus Teilnehmerkreisen gute Chancen eingeräumt. Der Wissenschaftler begründet sein Modell damit, dass das „solidarische Element“ in der Pflegeversicherung gestärkt werde. Begleitend müsste die Versicherungspflichtgrenze abgeschafft werden. Dann könnten Arbeitnehmer mit einem Einkommen von mehr als 3450 Euro nicht „herausoptieren“. Der Wissenschaftler stellt außerdem ebenso wie die Grünen die beitragsfreie Familienmitversicherung in Frage. Die sei „ohne Bezugnahme auf die Tatsache der Kindererziehung“ nicht mehr zu rechtfertigen. Nullmeier regt für diese Personengruppe einen Mindestversicherungsbeitragssatz an, der für Partner mit Kindern erst ab dem dritten Jahr der Kindererziehung gelten soll. Wer Kinder erziehe, solle außerdem durch Freibeträge entlastet werden.

Nach Informationen des „Handelsblatts“ besteht in der Kommission Einigkeit darüber, dass von 2004 an die Einnahmebasis der gesetzlichen Krankenkassen durch die Einbeziehung aller Einkommensarten in die Beitragspflicht verbessert werden soll.

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