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Ein Drahtseilakt. Wer offen und selbstsicher auftritt, hat bessere Chancen im Beruf. Ob beim Smalltalk mit Kollegen, bei der Präsentation oder im Gespräch mit einem Kunden. Das ist nicht immer leicht. Mit Übung und Selbstreflexion findet man die richtige Balance. Foto: dpa

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Wirtschaft: Haltung bewahren

Weiterbildungen für die Persönlichkeit: So wirken Sie kommunikativ, souverän und sympathisch

Franziska Hellmann wurde vor ein paar Wochen nach einer Präsentation vor ihrer Abteilung zum Chef ins Büro gebeten. Ob sie sich unsicher fühle in ihrem Job, wurde sie gefragt. Sie wirke aufgeregt und ängstlich, nicht nur bei Präsentationen. Der Chef wurde bei seiner Kritik unsachlich, trotzdem wehrte sie sich nicht, sondern ging geknickt nach Hause.

Danach stand für die Bürokauffrau im IT-Bereich, die nicht mit ihrem richtigen Namen genannt werden will, fest, dass sie etwas für ein sichereres Auftreten tun wollte, für mehr Schlagfertigkeit und Standfestigkeit gegenüber dem dominanten Chef. Sie entschied sich für den Kurs „Persönlichkeits- und Redetraining“ an der Volkshochschule Neukölln. Dort lernte sie, wie viel sie unbewusst über ihre Körpersprache ausdrückt. „Durch die Videoaufzeichnung habe ich gesehen, dass ich sehr verschlossen wirke. Ich stand aus Unsicherheit mit verkreuzten Beinen und angezogenen Schultern da, bewegte kaum die Hände.“

Eine offene und sympathische Körpersprache gehört zu den Soft Skills, also zu den sozialen Kompetenzen. Sie ist ebenso wichtig wie die Fähigkeit, zuzuhören, auf das Gegenüber einzugehen, aber auch seine Interessen in Verhandlungssituationen freundlich und bestimmt durchzusetzen. „Solche Soft Skills sind in allen Berufszweigen wichtig, ganz besonders aber, wenn viel Kundenkontakt besteht“, erklärt Svenja Hofert, Karriereberaterin aus Hamburg. Auch Wirtschaftspsychologin Katrin Stier weiß: Nicht unbedingt der Inhalt zähle in den ersten Minuten, sondern wichtig sei eine offene Mimik, eine angenehme Stimme, eine kommunikative und selbstsichere Körpersprache.

„Das Wie ist im ersten Moment wichtiger als das Was“, sagt Katrin Stier. Sie gibt Rhetorikkurse bei „die wirtschaftspsychologen“ in Berlin. Am Anfang helfe es schon, auf zwei oder drei Aspekte des eigenen Auftretens zu achten. Ein fester Stand sei wichtig. Die Füße sollten dabei etwa hüftbreit positioniert sein, die Knie nicht einknicken. Die Schultern sollten gerade sein und die Atmung regelmäßig. „Die Atmung hat auch eine direkte Auswirkung auf die Stimme“ erklärt Katrin Stier, die auch zur Verhaltens- und Kommunikationstrainerin ausgebildet ist. Es ergebe aber keinen Sinn, auf alles zu achten, dann verkrampfe man nur.

Vom Berufseinsteiger bis zur Führungskraft – in ihren Kursen findet sich eine große Bandbreite von Teilnehmern. Die häufigsten Probleme liegen bei Vorträgen, bei Präsentationen vor den Kollegen oder vor größeren Gruppen. „Dabei sind Lampenfieber und Aufregung in solchen Situationen in bestimmter Dosis völlig normal und sogar wichtig“, so Katrin Stier. Denn durch das erhöhte Aktivitäts- und Stressniveau und das Adrenalin, das in einer solchen Situation ausgeschüttet wird, kann die Konzentration gesteigert und ein Vortrag lebendiger gestaltet werden. Es sei aber wichtig, dass die Körpersprache authentisch bleibt. Eine einstudierte, übertriebene Körpersprache wird vom Gegenüber schnell als unglaubwürdig aufgefasst.

Das kann auch Sabine Mühlisch bestätigen. Sie ist Trainerin für Körpersprache und coacht vor allem Manager. „Schnelle Tipps gebe ich nicht, nur Einsichten“, sagt sie. Denn etwas an seiner Körpersprache zu verändern brauche Zeit. Sabine Mühlisch hat dabei einen ganzheitlichen Ansatz. Sie betont, dass die Körpersprache eines Menschen immer einen geistig-seelischen Hintergrund habe. „Das Denken und Fühlen eines Menschen drückt sich über seine Körpersprache aus. Man kann immer den inneren Standpunkt am äußeren ablesen.“ Und das bedeutet natürlich, dass man sich seiner selbst bewusst werden sollte, um seine Körpersprache und den Ausdruck zu verändern.

Kolja Orzeszko ist Manager bei der Firma Adidas und muss in seinem Beruf viele Präsentationen durchführen. Zusammen mit seiner Chefin hat er sich für ein Coaching bei Sabine Mühlisch entschieden. „Mir war bewusst, dass ich einen recht strikten, direkten Präsentationsstil hatte, der häufig den Raum für offene, konstruktive Kommunikation einschränkt und beim Gegenüber auch arrogant rüberkommen kann.“ Vor dem Coaching war ihm nicht klar, welchen Effekt sowohl negative als auch positive Körpersprache hat. „Ich stand immer recht breitbeinig und statisch auf der Bühne. Das gab mir Sicherheit, hat aber auch den Zuhörern vermittelt: ,Mein Punkt ist der einzig richtige’.“ Die Reaktionen der Chefin und der Kollegen nach dem Coaching waren sehr positiv, aber eine positive Körpersprache beizubehalten bedürfe vieler Übung.

Auch eine angenehme Stimme und richtiges Sprechen sind wichtige Faktoren bei einer gelungenen Präsentation, einem Kundengespräch oder einer Verhandlung. „Wichtig ist das richtige Tempo, Deutlichkeit bei der Aussprache und vor allem Pausen für den Zuhörer“, erklärt Anna Strittmatter von SprechArt Berlin. Nur durch angemessene Pausen kann man dem Hörer auch Raum geben, die Informationen zu verarbeiten. Auch die Melodieführung beim Sprechen spielt eine große Rolle. Ein Satzende sollte daher auch stimmlich beendet werden. „Sonst wird ein Vortrag schnell zu einer Daueraufzählung, die den Hörer überfordert und dazu bringt, abzuschalten“, sagt die Sprechwissenschaftlerin Anna Strittmatter.

Franziska Hellmann hat neben dem „Persönlichkeits- und Redetraining“ auch den VHS-Kurs „Die Bühne des Lebens – durch Schauspieltechniken zu mehr Selbstsicherheit“ belegt. Mit der Kursleiterin und den anderen Teilnehmern ging sie die Situation mit ihrem Chef noch einmal spielerisch durch und erarbeitete, wie sie hätte anders reagieren können. „Es tat mir gut, in eine andere Rolle schlüpfen zu können.“ Und sie hat gelernt: wie eine Situation verläuft, liegt viel mehr auch in ihrer eigenen Hand, als sie dachte. Sie fühle sich längst nicht mehr so hilflos. Aber wie Kolja Orzeszko betont auch sie, dass man viel üben müsse. Aber Übung macht ja bekanntlich den Meister.

Viola Zech

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