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Handel: Milder Winter - müdes Geschäft

Die Textilbranche wird bei milden Temperaturen ihre Wintersachen nicht los. Und auch der Wintersporttourismus und die Printenbäcker hatten einen schwachen Start in die Saison.

Berlin - Die dünnen Herbstjacken sind immer noch nicht weggepackt, einige Cafés servieren weiterhin auch draußen und ums morgendliche Eiskratzen sind Autofahrer bisher noch herumgekommen. Es will einfach nicht richtig Winter werden in Deutschland. Doch über die weiterhin milden Temperaturen nach einem ungewöhnlich warmen Herbst freuen sich nicht alle: So bangt die Bekleidungsbranche um ihr Wintergeschäft. Auch im Wintersport-Tourismus gibt es bislang keinen Grund zur Euphorie. Die Baubranche hingegen jubelt, dass bei der derzeit guten Auftragslage auf den Baustellen noch voll gearbeitet werden kann.

Frost und Schnee stehen auf dem Wunschzettel der Bekleidungsbranche ganz oben. "Wir hoffen täglich", sagt der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands des deutschen Textileinzelhandels (BTE), Jürgen Dax. Er befürchtet, dass sich die Händler jetzt schon in "große Reduzierungsschlachten" stürzen. Immerhin gebe es schon erste moderate Preissenkungen, um warme Kleidung wie Wintermäntel, Mützen oder lange Unterwäsche besser loszuwerden. Abwarten ist nach Einschätzung von Dax aber das Gebot der Stunde, denn früher oder später würden die Temperaturen bestimmt fallen. "Wer jetzt die Nerven verliert, der hat das Pokerspiel mit Petrus verloren." Die Bekleidungshändler haben laut Dax angesichts minimaler Erträge "eigentlich nichts zu verschenken". Von Januar bis November sank der Umsatz der Branche im Vergleich zum Vorjahr um zwei Prozent. Für den Winter rechnet Dax mit einem Minus von rund zehn Prozent.

Meteorologen: Winter noch nicht in Sicht

Hoffnung auf einen Run auf dicke Kleidung machen die Vorhersagen der Meteorologen vorerst nicht. Für die kommenden Tage sind weiter milde Temperaturen vorausgesagt. Auch für Wintersportfans hat der Deutsche Wetterdienst (DWD) keine guten Nachrichten. "Das sieht mau aus," sagt DWD-Meteorologe Thomas Schmidt. Auf Deutschlands höchstem Berg, der Zugspitze, liege zwar immerhin gut ein halber Meter Schnee und auch in den höheren Alpenlagen heiße es schon "Ski und Rodel gut". In niedrigeren Lagen sei an Wintersport aber nicht zu denken, sagt Schmidt. Noch nicht mal Kunstschnee sei eine Alternative, solange die Böden nicht gefroren sind.

"Die Schneeziele laufen natürlich extrem verhalten", bilanziert Neckermann-Reisen-Sprecher Gunther Träger. Eine ungewöhnliche Stornierungs- oder Umbuchungsrate haben aber auch andere Reiseveranstalter wie Tui und Dertour nicht festgestellt. Die Erfahrung zeigt, dass Gäste, die für Weihnachten und Silvester gebucht haben, auch ohne Schnee anreisen. Ansonsten wird Urlaub in Wintersportgebieten ohnehin meist erst kurzfristig gebucht wird, wenn Schnee liegt.

Nachfrage nach Weihnachtsgebäck steigt allmählich

Der diesjährige Herbst, laut Deutschem Wetterdienst der wärmste in Deutschland seit Beginn der flächendeckenden Wetteraufzeichnungen im Jahr 1901, hat auch beim Aachener Weihnachtsgebäckhersteller Lambertz zwischenzeitlich für schlechte Stimmung gesorgt. "Wir hatten einen schlechten Oktober", sagt Geschäftsführer Ralf Fritzsche. Die Produktion musste zurückgefahren werden. Nun sei die Nachfrage nach Printen und Lebkuchen aber umso größer. Es scheint, als wollten die Verbraucher bei den wenig winterlichen Temperaturen zumindest dadurch eine weihnachtliche Stimmung heraufbeschwören, meint Fritzsche.

In der Baubranche löst das milde Wetter dagegen geradezu Jubel aus. Michael Knipper, Hauptgeschäftsführer des Hauptverbands der deutschen Bauindustrie, sieht "eine ganz, ganz erfreuliche Entwicklung". In diesem Jahr rechne er mit einem Umsatzplus zwischen drei und vier Prozent, wozu neben der guten Auftragslage auch die milden Temperaturen beitrügen. In dem vom Wetter besonders abhängigen Bauhauptgewerbe wurden in diesem November nur knapp 126.000 Arbeitslose gezählt. Im Vergleich zum Vorjahresmonat ist das ein Rückgang um ein Drittel. Zur Zeit könnten die Beschäftigten auf den Baustellen noch voll arbeiten, in der Regel 40 Stunden die Woche. Einige arbeiteten auch bis zur Höchstgrenze von wöchentlich 60 Stunden und füllten damit ihren Arbeitszeitspeicher. So werden sie es anderen Branchen gönnen, wenn endlich doch der Winter hereinbrechen sollte. (Von Yvonne Brandenberg, AFP)

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