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Wirtschaft: Handel warnt vor Monopol beim Dosenpfand

Heute fällt Entscheidung für ein Rücknahmesystem/ Kartellamt verhängt Millionenbuße gegen Duales System

Berlin (pet/msh). Der Getränkefachgroßhandel hat davor gewarnt, beim Rückgabesystem für Einwegverpackungen ein Monopol wie beim Dualen System Deutschland („Grüner Punkt“) zu errichten. „Wir brauchen Wettbewerb im System“, sagte Günther Guder, Geschäftsführender Vorstand beim Bundesverband des Deutschen Getränkefachgroßhandels, dieser Zeitung am Donnerstag. Unterdessen hat das Kartellamt eine Millionenstrafe gegen das Duale System verhängt. Das Unternehmen soll wegen wettbewerbswidrigen Aufrufs zum Boykott von Konkurrenten im Abfallgeschäft ein Bußgeld von 1,8 Millionen Euro zahlen.

Am heutigen Freitag entscheidet sich, nach welchem System pfandpflichtige Dosen und Einwegflaschen künftig entsorgt werden. Das liegt in der Hand des gemeinsamen Exekutivausschusses von Handel und Getränkeindustrie. Die neun Ausschussmitglieder müssen sich zwischen fünf konkurrierenden Technologien entscheiden. Die erste, die auch von Giesecke & Devrient angeboten wird, ist eine aufklebbare Wertmarke, die auf die Verpackung geklebt und bei Rückgabe im Automaten entwertet wird. Zweite Alternative ist eine aufsprühbare Sicherheitsmarke. Dritte Möglichkeit ist eine individuelle Markierung für jede einzelne Dose oder Einwegflasche, die als einzige Alternative ohne einen Rücknahmeautomaten auskommt. Dieses System wird von der RWE-Umwelt-Tochter Pfand AG angeboten.

Bei dem RWE-System erhält jede Verpackung eine Codierung, die in einem Zentralrechner erfasst und bei Rückgabe gelöscht wird. Weil dieses System geschlossen ist, wird es vom Getränkefachgroßhandel abgelehnt. Verbandschef Guder befürchtet „wettbewerbsrechtliche Konsequenzen“. Vierte Alternative ist die so genannte Transpondertechnik, bei der zur Wiedererkennung Metallfäden in jede Verpackung eingebracht werden. Diesem System werden in Kreisen die geringsten Chancen eingeräumt, weil es technisch sehr aufwändig und teuer ist.

Sehr viel bessere Chancen werden dagegen der letzten Alternative gegeben, die verschiedene technische Merkmale einer Verpackung (wie Größe, Form, Codierung) kombiniert. Jede für sich gilt als nicht fälschungssicher, Experten gehen aber davon aus, dass sich durch Kombination der einzelnen Merkmale ein hoher Sicherheitsstandard beim Dosenpfand erzielen lässt.

Wie viel Geld die Umsetzung der einzelnen Systeme kostet, ist nach Angaben aus informierten Kreisen schwer zu schätzen. Einen eindeutigen Favoriten für eines der Konkurrenzmodelle gibt es nicht. Alle hätten ihre Stärken und Schwächen. Entsprechend wird in den Kreisen damit gerechnet, dass eine Entscheidung, wenn überhaupt, erst spät in der Nacht zum Samstag fallen wird.

Danach muss das Kartellamt entscheiden, ob die gefundene Lösung mit dem Wettbewerbsrecht vereinbar ist. „Wir sehen grundsätzlich keine Bedenken“, sagte eine Sprecherin des Amtes. Sollte das Amt zustimmen, wird die Industrie eine Empfehlung aussprechen. Ziel ist, das System bis Ende März für Wettbewerber auszuschreiben. Spätestens am 1. Oktober 2003 muss das Rücknahmesystem bundesweit funktionieren.

Während über die technische Umsetzung noch beraten wird, führt das Dosenpfand bei Herstellern von Limonaden und Mineralwasser bereits zu Produktionsausfällen und Kurzarbeit. Nach Angaben der Wirtschaftsvereinigung Alkoholfreie Getränke sind bei den 260 Mitgliedsfirmen rund 1200 Arbeitsplätze in Gefahr. Auch verschiedene Brauereien sind betroffen. Besserung sei nicht in Sicht, solange es keine Neuregelung der Verpackungsverordnung und ein einheitliches Rücknahmesystem gebe.

Unterdessen hat das Bundeskartellamt den Druck auf das bislang einzige bundesweite Entsorgungssystem Duales System (DSD) sowie einige Verbände und Unternehmen erhöht. Wegen Behinderung des Wettbewerbs sollen das DSD, die Metro AG, die Entsorger RWE Umwelt und Rethmann sowie mehrere Verbände insgesamt 4,4 Millionen Euro Bußgeld zahlen. Sie sollen durch Boykottaufrufe und Absprachen Konkurrenz für den Grünen Punkt unterdrückt haben. Mehrere Betroffene kündigten Widerspruch beim Oberlandesgericht Düsseldorf an.

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