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Wirtschaft: Handel will schnellen Start für langes Einkaufen

Kaufhäuser und Supermärkte: Liberalisierung ist gut fürs Geschäft – Gewerkschaften fürchten Jobverlust

Berlin – Nachdem der Bundesrat sich dafür entschieden hat, dass die Bundesländer in Eigenregie über die Ladenschlusszeiten bestimmen sollen, bereiten sich der Einzelhandel und die Warenhauskonzerne jetzt auf eine weitere Lockerung des Ladenschlusses vor. „Wenn gesetzliche Änderungen kommen, dann werden wir das standort-individuell prüfen“, sagte ein Karstadt-Sprecher dem Tagesspiegel. Die Tür für längere Öffnungszeiten in vielen Bundesländern ist jetzt geöffnet. Es hängt jetzt davon ab, wie sehr die SPD sich dagegen stellt, wann die neuen Regeln kommen.

Allerdings mache es keinen Sinn, an jedem der Kaufhaus-Standorte mögliche Ladenöffnungszeiten voll auszuschöpfen, sagte der Karstadt-Sprecher. So hätten zwar alle Karstadt-Häuser seit Juni letzten Jahres an Samstagen länger geöffnet, aber nicht alle bis 20 Uhr, sagte der Sprecher weiter. Das mache nur in stark frequentierten Innenstadtbezirken und Ballungszentren Sinn.

Die Lebensmittelkette Kaisers-Tengelmann hat zum Teil in Tests erst einmal ausprobiert, wie die schon im letzten Jahr veränderten Öffnungszeiten bis 20 Uhr bei den Kunden ankommen. Die Mehrheit der Geschäfte nutze heute die neuen Regeln, sagte eine Sprecherin am Freitag. Wenn es jetzt eine weitere Liberalisierung gebe, werde man erneut prüfen, an welchen Standorten sich erweiterte Geschäftszeiten lohnen. So will es auch die Kaffee-Kette Eduscho-Tchibo halten. Es mache keinen Sinn, alle Filialen länger zu öffnen. Im Übrigen sei Eduscho-Tchibo in vielen Shopping-Centern vertreten und dort an spezielle Abmachungen mit den Betreibern des Zentrums gebunden.

Kommt es zu erweiterten Ladenöfnungszeiten, sind damit aber noch nicht alle Probleme gelöst. Vor allem in den Kaufhäusern greift das Betriebsverfassungsgesetz. Das heißt: Änderungen der Geschäftszeiten sind mitbestimmungspflichtig. Die Gewerkschaften sind aber bis heute nicht von ihrem Nein zum erweiterten Ladenschluss abgewichen

Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi wehrte sich am Freitag nach dem Bundesratsentschluss vehement: Verdi erwartet, dass der Bundestag das Vorhaben der Länder „abschmettert“ und es nicht zu einer weiteren Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten kommt. Dies würde zu Lasten der Beschäftigten gehen, sagte eine Sprecherin. Der Umsatz könne nicht gesteigert werden, da die Menschen nicht mehr Geld im Portemonnaie hätten. Dadurch hätten kleine und mittlere Betriebe auch einen Wettbewerbsnachteil. Der Einzelhandel begrüßte dem Bundesrats-Vorstoß. Um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden, dürfe es aber keine unterschiedlichen Regelungen in den 16 Ländern geben, sagte der Präsident des Hauptverbandes des Deutschen Einzelhandels, Hermann Franzen. Der Sonntag stehe als arbeitsfreier Tag unter dem besonderen Schutz des Grundgesetzes. „Deswegen muss der Verkauf am Sonntag auch weiterhin die Ausnahme bleiben.“

Die Mehrzahl der Bundesländer hat sich für längere Öffnungszeiten, teilweise auch für mehr verkaufsfreie Sonntage ausgesprochen. Dadurch entsteht ein gewisser Druck auf die Regierungen, die zurückhaltend sind: Brandenburg zum Beispiel will den Sonntag nicht freigeben. Berlins Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) dagegen will den Sonntagsverkauf ausweiten. Durch die Nähe zur Hauptstadt wird Potsdam wohl nachziehen müssen, wenn die Entscheidung in der Hand der Länder liegt. Mit dpa

Dieter Fockenbrock

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