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Wirtschaft: Handelskrieg scheint abgewendet zu sein

Anzeichen auf Einigung im Fusionsfall Boeing / Mc Donnell Douglas / Einlenken in letzter Minute BRÜSSEL (rtr/tog).Einen Tag vor der Entscheidung der EU-Kommission über die Fusion der US-Konzerne Boeing und McDonnell Douglas (MDD) hat es überraschend Anzeichen auf eine Einigung gegeben.

Anzeichen auf Einigung im Fusionsfall Boeing / Mc Donnell Douglas / Einlenken in letzter Minute

BRÜSSEL (rtr/tog).Einen Tag vor der Entscheidung der EU-Kommission über die Fusion der US-Konzerne Boeing und McDonnell Douglas (MDD) hat es überraschend Anzeichen auf eine Einigung gegeben.Bundesaußenminister Klaus Kinkel erklärte am Dienstag in Brüssel, Wettbewerbskommissar Karel van Miert sehe bei den USA Anzeichen für ein Einlenken im Hauptstreitpunkt.Dies sind Boeings langfristige exklusive Lieferverträge mit US-Fluggesellschaften.Wie Kinkel hielt auch sein britischer Kollege Robin Cook eine Einigung in letzter Minute für möglich.Auch US-Präsident Bill Clinton betonte, er hoffe, daß ein Handelskonflikt abgewendet werden kann.Dagegen warnten US-Abgeordnete erneut vor einem Verbot der Fusion.In einer Entschließung, die am Dienstag im Kongreß eingebracht werden sollte, wurde eine Ablehnung der Fusion als ungerechtfertigte Einmischung in eine geschäftliche Transaktion der USA gewertet.Bislang galt es als wahrscheinlich, daß die Europäische Kommission die Fusion von Boeing und MDD zum größten Luft- und Raumfahrtkonzern der Welt am heutigen Mittwoch ablehnt. Kinkel erklärte, van Miert habe den Außenministern der EU ausführlich über den Fusionsfall Bericht erstattet.Demnach "gibt es offensichtlich bei der Fusionsfrage in der Ausschließlichkeitsproblematik ein Anzeichen des Einlenkens der amerikanischen Seite", sagte Kinkel.Dies könnte die Kommissions-Entscheidung beeinflussen. Kinkel fügte hinzu, es dürfe auf keinen Fall zu einem Handelskrieg kommen.Andererseits dürfe die EU nicht mit geschlossenen Augen eine solche Großfusion hinnehmen.Die Europäer müßten sich anstrengen, ein wettbewerbsfähiges Gegengewicht in der Luftfahrtindustrie aufzubauen.Das könne nur das Airbus-Konsortium sein.Der französische Außenminister Vedrine erklärte, Frankreich stehe voll hinter allem, was die EU-Kommission im Falle Boeing unternehme.Derzeit habe er auch keine Kenntnis von abweichenden Positionen der Mitgliedstaaten."Die USA geben einschüchternde Erklärungen ab", sagte Vedrine."Ich habe nicht den Eindruck, daß das Früchte trägt." Unmittelbar vor der Erklärung Kinkels war aus Kreisen der Kommission in Brüssel noch verlautet, es bestehe praktisch keine Chance mehr, daß Boeing noch rechtzeitig annehmbare Zugeständnisse anbieten würde.Ohne Konzessionen der Amerikaner hätte die EU-Kommission die Fusion aber wohl nicht durchgehen lassen.Denn auf dem europäischen Markt für zivile Flugzeuge hält Boeing schon heute einen Anteil von 61 Prozent.Eine Elefantenhochzeit des Jumbo-Produzenten mit dem Technologiekonzern McDonnell Douglas würde, so fürchten die europäischen Wettbewerbshüter, die ohnehin dominierende Stellung von Boeing auf dem europäischen Markt weiter verfestigen und den Wettbewerb auf dem hart umkämpften Flugzeugmarkt beeinträchtigen. Gefahr für den Wettbewerb drohe, so meinen die europäischen Wettbewerbsexperten, vor allem von drei Seiten: Erstens: Boeing werde durch die Übernahme von McDonnell Douglas seine ohnehin dominierende Stellung auf dem Flugzeugmarkt weiter verstärken.Weltweit würde der Boeing-Marktanteil von 64 Prozent auf 70 Prozent steigen.Boeing könnte zudem über die Wartung und den Ersatzteildienst 84 Prozent der Flugzeuge, die weltweit in Betrieb sind, kontrollieren.In Brüssel fürchtet man, daß die ehemaligen McDonnell-Kunden, die auf Wartung und Ersatzteile angewiesen sind, über diesen Weg gezwungen werden könnten, die Nachfolgeflugzeuge bei Boeing zu bestellen.Noch deutlicher wäre die Marktbeherrschung bei den Frachtflugzeugen.95 Prozent kämen entweder von Boeing oder McDonnell.Bei den Großraumflugzeugen hat Boeing ohnehin schon heute mit seiner "747" ein Monopol. Zweitens: Da McDonnell Douglas einer der größten Anbieter von Militärflugzeugen ist, könnte Boeing aus der Fusion nicht nur technologisch großen Nutzen ziehen, sondern auch indirekt über die staatlichen Subventionen, die in Milliardenhöhe in die militärische Forschung und Entwicklung fließen.Illegale "Quersubventionen" wären wohl kaum zu verhindern. Drittens: Boeing hat mit American Airways, Delta und Continental Airlines exklusive Lieferverträge abgeschlossen.Diese Fluggesellschaften haben sich damit verpflichtet, im Zeitraum von 20 Jahren nur Boeing-Flugzeuge zu kaufen.Hier scheint sich Boeing nun bewegt zu haben. Die Aufgabe der EU-Kommission ist es laut EU-Vertrag, den fairen Wettbewerb auf dem europäischen Binnenmarkt zu garantieren ­ zur Not auch gegen die auf Marktbeherrschung ausgerichtete Strategie ausländischer Unternehmen.Daß die Brüsseler Wettbewerbshüter den Zusammenschluß ausländischer Firmen untersuchen, ist kein Einzelfall.Als zum Beispiel Kimberly Clark, ein US-Unternehmen der Konsumgüterindustrie, die kanadische Scott Paper übernahm, prüften die Wettbewerbsexperten der Kommission die Auswirkungen auf den europäischen Markt und machten wettbewerbsrechtliche Bedenken geltend.Damals reagierten die beiden amerikanischen Firmen in der bisher bei Streitfällen üblichen Weise: Sie erfüllten die Auflagen der Europäer und schafften den Stein des Anstoßes durch den Verkauf einiger ihrer europäischen Fabriken aus der Welt. Nach EU-Wettbewerbsrecht darf die Kommission über Fusionen entscheiden, bei denen die Unternehmen mehr als 5 Mrd.Ecu Weltumsatz und über 250 Mill.Ecu Umsatz in der EU erreichen.Die Wettbewerbshüter der Kommission könnten Geldbußen von bis zu zehn Prozent des Umsatzes des neuen Konzerns verhängen.Die US-Wettbewerbsbehörde FTC hat den Zusammenschluß schon genehmigt.

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