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Wirtschaft: Harte Zeiten für Produktpiraten

Justizministerin Zypries legt Gesetzentwurf vor

Berlin - Weltweit geht es um 350 Milliarden Euro. Diese Summe wird jährlich mit gefälschten Produkten umgesetzt, schätzt die Europäische Kommission. Fünf bis neun Prozent des gesamten Welthandels entfallen demnach auf diese „Branche“. Nun will die Bundesregierung etwas dagegen tun. „Produktpiraterie fügt der Volkswirtschaft großen Schaden zu“, sagte Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) am Freitag in Berlin. Mit einem am Freitag vorgestellten Gesetzentwurf will sie eine entsprechende Richtlinie der Europäischen Kommission „eins zu eins“ umsetzen. Das Ziel: Markenrechte und geistiges Eigentum sollen besser geschützt werden.

Erreicht werden soll dieses Ziel unter anderem mit einer Neuregelung beim Schadenersatz. Demnach dürfen Unternehmen, deren Rechte verletzt werden, nicht nur den konkreten Schaden zurückverlangen; auch der Gewinn des Fälschers kann künftig in die Berechnung des Schadenersatzes mit einfließen. Ein Beispiel: Wenn ein Fälscher ein patentgeschütztes Medikament nachahmt, kann der Patentinhaber von ihm den Gewinn verlangen, der durch die Benutzung des Patents erzielt wurde.

Die Änderungen betreffen allerdings nur das Zivilrecht. Das Strafrecht bleibt davon unberührt. Wer Gurken zum Beispiel als Spreewaldgurken kennzeichnet, obwohl sie gar nicht aus der Region stammen, kann laut Justizministerium wie bisher mit bis zu zwei Jahren Haft bestraft werden.

Neu geregelt werden hingegen die Auskunftsansprüche von Geschädigten. Denn häufig liegen die Informationen, die erforderlich sind, um einen Rechtsverletzer zu identifizieren, bei Dritten, zum Beispiel bei Internet-Providern oder bei Spediteuren. Künftig soll der Rechtsinhaber einen Auskunftsanspruch gegenüber diesen Dritten haben, um so den eigentlichen Rechtsverletzer ermitteln zu können. Wenn zum Beispiel ein Musikverlag feststellt, dass jemand komplette Musikalben ins Internet stellt, derjenige aber nicht zu ermitteln ist, dann kann der Verlag von dem Internetprovider verlangen, dass dieser die Adresse des Rechteverletzers herausrückt. Vor allem geschäftsmäßiger Missbrauch soll dadurch eingedämmt werden.

In eine ganz andere Richtung geht der Gesetzentwurf allerdings, wenn es um Privatleute geht. Denn Verbraucher sollen vor einer zu großen Drangsalierung durch das Urheberrecht bewahrt werden. Zu diesem Zweck werden die Anwaltsgebühren für Abmahnungen in solchen Fällen auf 50 Euro begrenzt.

Auch für diesen Fall nannte Zypries ein Beispiel: Eine Schülerin hat in einer Internet-Tauschbörse ein einzelnes Musikstück zum Download angeboten – juristisch gesehen eine Verletzung des Urheberrechts. Die Anwaltskanzlei des Rechteinhabers schickt der Schülerin daraufhin eine Abmahnung und verlangt dafür ein Anwaltshonorar von 2500 Euro. Künftig soll diese Summe in einfachen Fällen maximal 50 Euro betragen dürfen. Häufige Beispiele seien auch Homepages von Schülern, die kleinere Ausschnitte von – urheberrechtlich geschützten – Stadtplänen abbilden, erklärte Zypries.

„Bisher haben sehr viele Anwälte Rechnungen ausgestellt, die zu hoch oder zumindest fragwürdig waren“, sagte sie. Diesem Wildwuchs wolle das Ministerium im Interesse der Verbraucher entgegentreten. „Natürlich wollen wir nichts bagatellisieren, auch der einzelne Private muss das Urheberrecht beachten“, sagte Zypries. „Aber wir müssen die Kirche im Dorf lassen.“ Ohnehin habe die Neuregelung keine strafrechtliche Relevanz: „Jede einzelne Urheberrechtsverletzung wird verfolgt.“

Den Gesetzentwurf will Zypries Anfang kommenden Jahres ins Bundeskabinett einbringen. awm

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