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Wirtschaft: Hartz-IV-Antragoffenbar bald schwieriger Agenturen bereiten sich auf neues Verfahren vor

Berlin - Auf die Empfänger von Hartz IV kommt von Januar an möglicherweise erheblich mehr Bürokratie zu. Die Bundesagentur für Arbeit (BA) bereitet sich nach Informationen des Tagesspiegels intern darauf vor, die Zusammenarbeit in den Arbeitsgemeinschaften zu kündigen, in denen die BA und viele Kommunen zurzeit noch gemeinsam die Empfänger von Leistungen nach Hartz IV betreuen.

Berlin - Auf die Empfänger von Hartz IV kommt von Januar an möglicherweise erheblich mehr Bürokratie zu. Die Bundesagentur für Arbeit (BA) bereitet sich nach Informationen des Tagesspiegels intern darauf vor, die Zusammenarbeit in den Arbeitsgemeinschaften zu kündigen, in denen die BA und viele Kommunen zurzeit noch gemeinsam die Empfänger von Leistungen nach Hartz IV betreuen. Danach müssten die Bezieher von Hartz IV künftig bei zwei Ämtern vorsprechen, wenn sie Leistungen beziehen wollen.

Hintergrund der internen Weisung, die Ende Juli an alle Regionaldirektionen der BA verschickt wurde, ist offenbar ein bevorstehendes Urteil des Bundesverfassungsgerichts über die Zulässigkeit der gemeinsamen Aufgabenwahrnehmung von Arbeitsagentur und Kommune. Sollte das Verfassungsgericht die bisherige Organisation verwerfen, werde die BA alle Verträge kündigen. Die BA sagte dieser Zeitung, es gehe in dem Papier lediglich um etwa zehn Kommunen, in denen die gemeinsame Aufgabenwahrnehmung bereits gekündigt sei. Das sehen Insider anders: Die Anweisung sei schließlich an alle Regionaldirektionen versandt worden und werde seitdem kontinuierlich erweitert. Damit steht ein zentrales Anliegen der Hartz-Reformen auf der Kippe.

Die Verfassungsrichter prüfen zurzeit, ob die Hartz- IV-Arbeitsgemeinschaften mit den Grundsätzen des Föderalismus vereinbar sind. Im Oktober wird das Urteil erwartet. Sollte die heutige Organisation verfassungswidrig sein, müsste das Hartz-IV-System ganz oder in Teilen neu organisiert werden. „Darauf bereiten wir uns natürlich vor“, bestätigte eine BA-Sprecherin dem Tagesspiegel. Fachleute wie Uwe Lübking, Beigeordneter des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, halten es für „völlig offen“, wie die Sache ausgeht.

Die interne Anweisung der BA zur getrennten Wahrnehmung der Aufgaben hat für die Betroffenen erhebliche Auswirkungen, wenn sie umgesetzt wird. So ist keineswegs sichergestellt, dass Leistungen wie Wohngeld, Erstausstattung von Wohnungen oder das Extrageld für Schwangere dann pünktlich ausgezahlt werden können. Dennoch weist die BA ihre Regionaldirektoren an: „Es darf zu keiner Zeit zu einer Vorfinanzierung kommunaler Leistungen kommen.“ Im Klartext: Ist eine Stadt oder eine Gemeinde nicht in der Lage oder willens, schnell genug zu zahlen, wird die BA nicht einspringen.

Außerdem sieht die Weisung vor, dass Hartz-IV-Empfänger künftig wieder zwei Behördenanträge stellen müssen, wenn sie beispielsweise neben den normalen Leistungen auch Wohngeld beantragen wollen. Auch die gemeinsame telefonische Betreuung durch die Service-Center soll es dann nicht mehr geben. Wer dann bei der Jobagentur anruft und Fragen zu Wohngeld oder psychosozialer Betreuung hat, bekommt nur noch die Telefonnummer des zuständigen Amtes der Stadt- oder Gemeindeverwaltung.

Gegen die zu erwartenden Proteste empfiehlt die BA ihren Regionalchefs übrigens den Weg „einer offensiven, aber betont sachlichen Presse- und Öffentlichkeitsarbeit“. Ursula Weidenfeld

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