zum Hauptinhalt

Wirtschaft: Hartz IV drückt die Zahlungsmoral Seit Beginn des Jahres werden immer weniger Rechnungen beglichen

Berlin - Seit dem Start der Hartz-IV-Reform geraten immer mehr Privatleute in Zahlungsnot. Dies hat das schwedische Inkasso-Unternehmen Intrum Justitia Holding ermittelt.

Berlin - Seit dem Start der Hartz-IV-Reform geraten immer mehr Privatleute in Zahlungsnot. Dies hat das schwedische Inkasso-Unternehmen Intrum Justitia Holding ermittelt. Demnach sank die Zahlungsbereitschaft der Deutschen seit Anfang des Jahres vor allem in Landkreisen, wo der Anteil der Empfänger von Arbeitslosengeld II bei mehr als 15 Prozent lag. Hier ging die Quote derer, die ihre Rechnung gleich nach der ersten Mahnung zahlten, im Vergleich zum Herbst 2004 um 22,4 Prozent zurück.

Die deutsche Tochter des schwedischen Inkasso-Unternehmens analysierte mehr als 100000 Forderungen an Konsumenten und verglich die aktuellen Werte mit entsprechenden Daten aus dem Vorjahr. „Wir mussten feststellen, dass selbst regelmäßige Ratenzahler seit Anfang des Jahres nicht mehr den Forderungen nachkamen“, sagte Michael Jung von Intrum dem Tagesspiegel. Für Claudia Kurzbuch von der Bundesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung hat dies nichts mit einer Verschlechterung der Zahlungsmoral zu tun: „Die Menschen müssen mit weniger Geld auskommen, als sie zuvor gerechnet hatten. Sie können ihren Verpflichtungen einfach nicht mehr nachkommen.“

Der Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen (BDIU) beklagt ebenfalls das Zahlungsverhalten der Konsumenten. In einer Umfrage unter den Verbandsmitgliedern im April erklärten 44 Prozent der Unternehmen, dass sich das Zahlungsverhalten der privaten Schuldner im vergangenen halben Jahr weiter verschlechtert habe. Den Hauptgrund dafür sehen die Inkasso-Unternehmen in der Arbeitslosigkeit: „Es besteht ein klarer Zusammenhang zwischen Arbeitslosigkeit und Überschuldung“, sagt Marion Kremer, Präsidiumsmitglied und Pressesprecherin des Bundesverbandes Inkasso.

Nach Schätzungen des BDIU sind in Deutschland drei Millionen Menschen überschuldet, das heißt, ihr gesamtes Vermögen reicht nicht aus, um ihre Schulden zu decken. Der Verband schätzt, dass in diesem Jahr mit 60000 Verbraucherinsolvenzen ein neuer Höchststand erreicht wird. Besondere Sorge bereitet den Inkasso-Unternehmen dabei die Zahlungsbereitschaft von Jugendlichen. Sie begleichen ihre Rechnungen in der Regel noch deutlich unzuverlässiger als Erwachsene. So haben bereits 14 Prozent der Jugendlichen in der Altersgruppe von 13 bis 20 Jahren rund 450 Euro Schulden. Der Hauptgrund: Sie laden sich teure Klingeltöne und Spiele für das Handy herunter.

Frank Bremser

Zur Startseite