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Wirtschaft: Hartz-Reformen belasten Krankenkassen

Versicherer fürchten Einnahmeausfälle von 600 Millionen Euro / Verwaltungskosten auf Rekordniveau

Berlin (ce). Mit zusätzlichen Beitragsausfällen „deutlich über 600 Millionen Euro“ rechnen die gesetzlichen Krankenkassen im kommenden Jahr, wenn die HartzReformen am Arbeitsmarkt umgesetzt werden. Das geht aus einem internen KassenPapier hervor, das dem Tagesspiegel vorliegt. Die ohnehin schwierige finanzielle Situation der Kassen würde sich damit weiter verschärfen. Bereits zum Ende diesen Jahres droht der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) ein Defizit von rund 1,5 Milliarden Euro. Das Gesundheitsministerium fürchtet Einbrüche bis zu 700 Millionen Euro durch die Absenkung der Bemessungsgrundlage in der Arbeitslosenhilfe.

„Bei der angespannten Finanzsituation muss jeder Einnahmeausfall verhindert werden“, mahnt Florian Lanz, Sprecher des Bundesverbandes der Betriebskrankenkassen. Mit zusätzlichen Einnahmeausfällen steigt der Druck auf die gesetzliche Krankenversicherung (GKV), die Beiträge anzuheben. Kassenvertreter hatten in den vergangenen Wochen ohnehin einen Anstieg von derzeit durchschnittlich 14 auf 14,4 Prozent prognostiziert. Geringere Einnahmen befürchten die Krankenkassen vor allem bei den geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen. Für die sollen nach Empfehlungen der Hartz-Kommission künftig nur noch zehn Prozent pauschale Sozialabgaben gezahlt werden, je zur Hälfte für die Kranken- und die Rentenversicherung. Derzeit muss ein Arbeitgeber 22 Prozent des Bruttoentgelts abführen, zehn Prozent davon für die Krankenkassen. Bei mehr als vier Millionen solcher Beschäftigungsverhältnisse würden den Krankenkassen die Hälfte ihrer Einnahmen wegbrechen, also rund 500 Millionen Euro.

Im Frühjahr will die Bundesregierung überprüfen, ob die Geringfügigkeitsgrenze von derzeit 325 Euro weiter angehoben wird. Im Koalitionsvertrag haben SPD und Grüne darüber hinaus festgelegt, dass für Mini-Jobs im haushaltsnahen Bereich (Haushaltshilfen, Kinder- und Altenbetreuung) bis zu einem Monatseinkommen von 500 Euro nur eine Sozialversicherungs-Pauschale von zehn Prozent fällig wird. Im Gesundheitsministerium hofft man allerdings, dass durch die Mini-Jobs auch zusätzliche Einnahmen für die Krankenkassen entstehen. Das ist aber nur dann der Fall, wenn Arbeitslose aus der Schwarzarbeit geholt würden. Ökonomen fürchten jedoch, dass bei der Einführung von Mini-Jobs reguläre Beschäftigungsverhältnisse verdrängt werden.

Nach Berechnungen des Gesundheitsministeriums drohen Ausfälle in Höhe von bis zu 700 Millionen durch Pläne von SPD und Grünen, im Rahmen des Sparpakets für Arbeitslose künftig geringere Beiträge an die Krankenkassen zu überweisen. Im Gespräch ist, die Bemessungsgrundlage zu ändern. „Dieser Verschiebebahnhof belastet die Krankenkassen“, klagt ein Ministerialer.

Mit 7,6 Milliarden Euro haben die Verwaltungsausgaben der GKV im vergangenen Jahr Rekordniveau erreicht und werden 2002 voraussichtlich einen neuen Höchststand erzielen. Die Kosten der Kassen seien definitiv zu hoch, sagte eine Sprecherin von Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD). Die Verwaltung müsse dringend effizienter werden. „Die Krankenkassen müssen mehr in die Pflicht genommen werden, um die Beiträge zu stabilisieren“, forderte der SPD-Gesundheitspolitiker Wolfgang Wodarg. Nach Angaben des Ministeriums sind die Verwaltungskosten im vergangenen Jahr um 4,8 Prozent gestiegen. Im ersten Halbjahr diesen Jahres lag der Zuwachs bei vier Prozent. SPD und Grüne überlegen, den Anstieg der Verwaltungsaufgaben gesetzlich zu begrenzen. BKK-Sprecher Lanz sagte, der Zuwachs sei nicht überraschend. Den Kassen würden Jahr für Jahr mehr Aufgaben aufgebürdet.

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