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Berlin will zur klimaneutralen Stadt werden.

© p-a/dpa

Hauptstadtkonferenz: Elektromobilität: Es tut sich was in Berlin

Berlin will in Sachen Elektromobilität eine Führungsrolle übernehmen. Auf dem Weg zur Elektrocity warten noch viele Herausforderungen. Es tut sich aber eine Menge: So hat VW am Mittwoch die ersten elektrischen Taxis gestartet.

Elektromobilität ist wie selbst gemachtes Popcorn. Zunächst passiert lange nichts – und dann ploppt es plötzlich wild im Kochtopf. „Das Öl ist schon heiß“, glaubt der Zukunftsforscher Lars Thomsen. Soll heißen: Der Markt ist reif, in Kürze geht es los mit der elektromobilen Explosion, die bis 2020 eine Million E-Autos auf deutsche Straßen bringen soll. So wünscht es sich auch die Bundesregierung. Immer noch, muss man sagen.

Denn Ende 2014 waren es gerade einmal einige Zehntausend. Doch Optimisten wie Thomsen sind überzeugt davon, dass die Voraussetzungen für einen baldigen Durchbruch in Deutschland besser sind als es den Anschein macht: Deutschland hat eine starke Autoindustrie, die Energiewende, rege Forscher und öffentliche Förderer. „Elektromobilität steht vor einem Tipping Point, vor der Trendwende“, sagte der Forscher am Mittwoch im Roten Rathaus, auf der dritten Hauptstadtkonferenz Elektromobilität.

Die Nutzfahrzeuge sind der Schlüssel

Der Hausherr Michael Müller fasste es pragmatischer: „Wir haben uns viel vorgenommen“, begrüßte der Regierende Bürgermeister die 500 Konferenzteilnehmer. Elektromobilität sei mehr als batteriebetriebenes Autofahren, sondern Teil des alle Branchen betreffenden Umbaus der Energiegewinnung und -versorgung, der Berlin bis 2050 zur klimaneutralen Metropole machen soll. „Ohne den Verkehr schaffen wir das nicht“, sagte Müller. 2000 elektrische Fahrzeuge auf den Straßen Berlins, das sei zwar bundesweit Spitze. „Aber das müssen wir deutlich verstärken.“ Zum Beispiel müssten mehr elektrische Nutzfahrzeuge eingesetzt werden – bislang eine Domäne ausländischer Hersteller. Die deutsche Industrie hinkt hier, wie früher bei den Pkw, hinterher. Immerhin gibt es inzwischen 17 deutsche Pkw-Elektromodelle, ein Dutzend kommt 2015 hinzu. Aber: „Manches hätte schneller gehen können“, sagte Bürgermeister Müller, „wir haben Fahrt aufgenommen.“

20 Millionen Euro wurden nach Angaben von Wirtschaftssenatorin Cornelia Yzer 2014 zusätzlich in Berliner Emobilty-Projekte investiert, 100 weitere Jobs geschaffen. Hoffnung machten auch die zahlreichen Start-up-Unternehmer in der Stadt, die auch für den Verkehrsbereich Lösungen entwickelten, sagte Müller. Auch die von Tagesspiegel-Herausgeber Sebastian Turner formulierte Idee, 100 IT-Forscher für Berlin zu gewinnen, sei im Kontext der Elektromobilität ein interessanter Ansatz, „ja, das wollen wir“, sagte auch Yzer.

Autos aus dem 3D-Drucker

Für die Forscher gäbe es dabei einiges zu tun, denn Elektroautos sind fahrende Computer. Dabei benötigt nicht nur die Software regelmäßig ein Update. Auch die Hardware kann man, lokal produziert, den wechselnden Bedürfnissen der Nutzer anpassen. Das glaubt zumindest John B. Rogers, Gründer und Chef des US-Unternehmens Local Motors. Vor sieben Jahren gegründet, hat die Firma ihren Europasitz unlängst in Berlin eröffnet. In drei Microfabriken in den USA produzieren Rogers und sein Team bereits Autos, deren Teile aus dem 3D-Drucker stammen. Ideen sammelt Local Motors in einem offenen Netzwerk von 30 000 Teilnehmern. Der erste Open-Source-Automobilhersteller gewissermaßen. Am Mittwoch startete Rogers einen Ideenwettbewerb: In den kommenden 30 Tagen sammelt er Vorschläge, wie ein Stadtfahrzeug der Zukunft für Berlin aussehen sollte. „Berlin ist der Ground Zero für die städtische Mobilität der Zukunft“, sagte Rogers.

Die ersten Elektrotaxis fahren

Am Mittwochmorgen waren vor dem Roten Rathaus die ersten sechs elektrischen Taxis in Betrieb genommen worden – zu Forschungszwecken. Der Hersteller VW sagte einen angekündigten Fototermin kurzfristig ab, zur Verwunderung der Konferenzveranstalter. Weil die Autos noch nicht serienreif seien, wolle VW wohl nicht zu viel Öffentlichkeit, wurde vermutet.

Berührungsängste mit der Elektromobilität bei Europas größtem Autokonzern? „Elektromobilität ist nicht tot“, sagte Gernot Lobenberg, der Leiter der Berliner Agentur für Elektromobilität Emo. „Es bewegt sich etwas – nur leider oft unbemerkt von der Öffentlichkeit.“ Die Hersteller rief er auf, die Preise ihrer E-Autos zu senken, und die Bundesregierung eine Sonderabschreibung für gewerbliche Elektrofahrzeuge zu ermöglichen.

Uwe Beckmeyer, Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, schloss sich der Kritik an den Autoherstellern an: „Strengt Euch an, wir brauchen preiswerte und innovative Fahrzeuge“, sagte er. Und das jahrelange Chaos bei den Steckern für die Elektroautos zeige, dass manchmal die Politik regulierend eingreifen müsse, damit Innovationen marktreif würden. „Da haben wir viel Zeit verloren.“

Rund um Elektromobilität geht es am 4. und 5. Mai beim eMobility Summit des Tagesspiegels. Mehr Infos unter: www.emobilitysummit.de

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