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Hauptversammlung: Bund erzwingt volle Kontrolle bei Hypo Real Estate

90 Prozent der HRE-Anteile sind bereits in staatlicher Hand. Nun sollen die letzten Kleinaktionäre herausgedrängt und enteignet werden. Die sprechen von Enteignung.

Begleitet von Protesten der Aktionäre hat am Montag in München die vorerst letzte Hauptversammlung des Immobilienkonzerns Hypo Real Estate (HRE) begonnen. Ein Jahr nach der Notrettung der Bank will der Bund die umstrittene Zwangsverstaatlichung des Konzerns unter Dach und Fach bringen, um danach die Sanierung des Unternehmens allein voranzubringen. Dazu sollen die noch verbliebenen Kleinaktionäre im sogenannten "Squeeze-Out"-Verfahren herausgedrängt und abgefunden werden.

Dagegen laufen die Aktionäre seit Monaten Sturm, können am Ergebnis der Abstimmung allerdings nichts ändern, da der Bund bereits 90 Prozent der Aktien hält. Die Anleger warfen der Regierung erneut Enteignung vor. Am Eingang zur Hauptversammlung brachten sie ein Schild an mit der Aufschrift: "Hier geht's zur Enteignungsversammlung" und sammelten Protestunterschriften.

Die Abfindung von 1,30 Euro pro Aktie empfinden sie als unangemessen niedrig. "Das sind nichts anderes als Almosen", sagte Daniela Bergdolt von der Deutschen Schutzvereinigung von Wertpapierbesitz. Die Aktionäre würden einfach abserviert. "Wir empfinden das als eine kalte Enteignung."

Vorstandschef Axel Wieandt warb angesichts der dramatischen Lage des Konzerns um Verständnis für die Verstaatlichung. "Wir sind uns selbstverständlich der Tatsache bewusst, dass viele von Ihnen es vorziehen würden, wenn sie Aktionäre der Gesellschaft bleiben könnten", sagte er zu Beginn des Aktionärstreffens. Zu der vollständigen Verstaatlichung gebe es aber keine Alternative.

Zugleich unterstrich er abermals den weiteren Geldbedarf der maroden HRE. Auf Grundlage der bisherigen sowie künftigen Verluste "gehen wir bei unserer Planung von einem Kapitalbedarf von insgesamt zehn Milliarden Euro aus", sagte Wieandt. Davon seien drei Milliarden Euro bereits geflossen. Die restlichen sieben Milliarden Euro seien "nicht nur angemessen, sondern notwendig." Mit der Rekapitalisierung sollte die HRE und ihre Töchter wie die Deutsche Pfandbriefbank eine Kernkapitalquote von mindestens zehn Prozent erreichen.

Die HRE mit Sitz in München war im Zuge der Finanzkrise in Schieflage geraten und nur mit staatlicher Hilfe vor der Pleite bewahrt worden. Die Bank ist einer der größten Finanzierer von staatlichen Haushalten und gewerblichen Immobilien wie Büros oder Hotels. Zudem ist sie der weltweit zweitgrößte Herausgeber von Pfandbriefen. Da deutsche Banken ihre Kredite oft über Pfandbriefe refinanzieren, würde eine Pleite der HRE den gesamten Finanzsektor treffen. Auch viele Kommunen wären betroffen, da das Institut Geld für staatliche Investitionen etwa in Krankenhäuser und Straßen zur Verfügung stellt. Zudem haben Städte und Gemeinden auch Gelder bei der HRE angelegt.

Mit ihrer rund sechsjährigen Geschichte ist die HRE in der deutschen Finanzbranche ein vergleichsweise junges Unternehmen – und zu Beginn auch ein sehr erfolgreiches. Im Oktober 2003 ging die HRE an die Börse und schaffte unter der Leitung des damaligen Chefs Georg Funke zwei Jahre später den Sprung in den Dax.

2007 holte Funke dann zum ganz großen Schlag aus: Für mehr als fünf Milliarden Euro übernahm die Hypo Real Estate den Staatsfinanzierer Depfa, was ihr ein Jahr später zum Verhängnis wurde. Die Depfa konnte langfristig vergebene Kredite infolge der Finanzkrise nicht mehr kurzfristig refinanzieren und brachte die Mutter HRE an den Rand des Ruins.

Nur mit Hilfe anderer Banken und dem Bund konnte der Konzern Anfang Oktober 2008 vor dem Zusammenbruch bewahrt werden, Funke musste seinen Posten räumen. Der Staat hielt die HRE mit Garantien von 87 Milliarden Euro am Leben. Weitere 15 Milliarden Euro kamen von der Finanzwirtschaft.

Quelle: ZEIT ONLINE, dpa, Reuters

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