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Wirtschaft: Heftige Kritik am Bewag-Stromboykott

BERLIN (asi).Die überraschende Weigerung der Bewag, aus technischen Gründen bis 2001 Strom fremder Anbieter in den Westteil Berlins durchzuleiten, hat am Donnerstag zu heftigen Reaktionen bei Kunden und Wettbewerbern geführt.

BERLIN (asi).Die überraschende Weigerung der Bewag, aus technischen Gründen bis 2001 Strom fremder Anbieter in den Westteil Berlins durchzuleiten, hat am Donnerstag zu heftigen Reaktionen bei Kunden und Wettbewerbern geführt.

Die Bewag habe nun ihren "letzten Versuch" gestartet, sich "vom Markt abzuschotten", sagte Peter Kipsch, Abteilungsleiter im Berliner Abgeordnetenhaus, dem Tagesspiegel.Nachdem Kipsch mit dem baden-württembergischen Versorger EnBW einen Vertrag zur Stromlieferung ab dem 1.April abgeschlossen hat, habe der Bewag-Vorstand erst mit Dumpingpreisen argumentiert, dann den Schutz der Braunkohle vorschieben wollen und zum Schluß das Abgeordnetenhaus der Preisgabe heimischer Arbeitsplätze bezichtigt.Nun sollten schließlich technische Hindernisse den Wettbewerb unmöglich machen.Kipsch: "Jetzt stehen wir erst recht zu unserem neuen Vertragspartner".Die Vereinbarung mit EnBW sichere dem Berliner Parlament "unter allen Umständen" die Stromlieferung zur Hälfte des Preises der Bewag und habe für das Abgeordnetenhaus allein deshalb Bestand.

Auch die abtrünnige Schering AG will sich nicht verunsichern lassen und hat, so Unternehmenssprecherin Gabriele Liebmann, "nicht den geringsten Zweifel daran, ab Oktober Strom zu einem viel günstigeren Preis" von der EnBW zu erhalten.Sollte die Bewag die Durchleitung wirksam verhindern können, werde der baden-württembergische Vertragspartner den Strom bei der Bewag kaufen müssen und die Preisdifferenz tragen, sagte Liebmann.

Besonderes Interesse an den Markt-Verweigerungsgründen der Bewag zeigte jedoch das Bundeskartellamt.Die Wettbewerbshüter würden jetzt darauf warten, mit der kartellrechtlichen Prüfung des Falles beauftragt zu werden, kündigte Amtssprecher Eike Sacksofsky an.Da die geltenden Gesetze die Durchleitung zum Regelfall erklärt hätten, läge die Beweispflicht eindeutig bei der Bewag."Und mit Sicherheit", sagte Sacksofsky, "werden wir die Gründe sehr genau" prüfen.

Wann es zum Prüfungsverfahren beim Kartellamt und zu zivilrechtlichen Auseinandersetzungen mit der Bewag kommt, wollte der betroffene Energieversorger EnBW am Donnerstag noch nicht entscheiden."Wir prüfen das", sagte Ulrich Wendt, Unterhändler der EnBW in Berlin.In den kommenden Tagen werde es den "Versuch einer Kooperation" mit der Bewag geben.Den Versuch der Bewag, die Berliner Öffentlichkeit damit zu schrecken, daß in der ganzen Stadt das Licht ausgehen könnte, wenn die Bewag der Stromeinleitung der Süddeutschen entspräche, hält Wendt gleichwohl für "bezeichnend".Der Ex-Monopolist greife jetzt zum "letzten Strohhalm angeblicher Netzengpässe".Daß die geringen Mengen, die Wettbewerber derzeit in das Berliner Netz einspeisen wollten, zum Sicherheitsrisiko bei der Energieversorgung der deutschen Bundeshauptstadt würden, hält Wendt für "absurd".

Wie fließt Strom?

gih

Elektrischer Strom besteht aus Elektronen, die am Kabel entlangfließen.Die Elektronen reiben im Kabel - je mehr Strom durch ein Kabel eines bestimmten Durchmessers gedrückt wird, desto wärmer wird es.Ein weiterer Faktor ist die Spannung - vergleichbar einer Wasserleitung: die Stromspannung entspräche dem Wasserdruck, die Strommenge dem Durchmesser eines Rohres.Das meiste Wasser fließt, wenn Druck und Durchmesser groß sind.Ohne Druck aber nutzt das dickste Rohr nichts.Bei Strom müßte also die Spannung erhöht werden, um bei gleichem Kabelmaß mehr Energie transportieren zu können.Auf den großen Leitungen liegt eine Spannung von 380 000 Volt an.Mehr geht - jedenfalls im Alleingang - nicht.Würde stattdessen die Elektronenmenge zwischen Kraftwerken und Verbrauchern erhöht, werden die Kabel zu heiß - die Physik gilt im Haushalt ebenso wie bei den Stromversorgern.

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