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HEIK AFHELDT trifft …: Conrad Fritzsch, Internet-Veredler

Wer diese nüchtern und modern eingerichteten Räume an der Langhansstraße in Weißensee betritt, kann das Gefühl bekommen, eine Ausbildungsstätte für junge Menschen zu besuchen. Kaum einer von den 25 Köpfen der jungen Firma tape.

Wer diese nüchtern und modern eingerichteten Räume an der Langhansstraße in Weißensee betritt, kann das Gefühl bekommen, eine Ausbildungsstätte für junge Menschen zu besuchen. Kaum einer von den 25 Köpfen der jungen Firma tape.tv ist älter als 30. Und alle wirken auffallend fröhlich und zufrieden. Nur der Chef hat die 40 überschritten. Schwarze, buschige Haare rund um sein freundliches Gesicht, schwarze Brille, schwarzes Hemd und schwarzer Anzug.

Er und Mitgründerin Stephanie Renner brachten ihre Idee vor zwei Jahren mit tatkräftiger Hilfe von Lars Dittrich auf den Markt: eine Revolution auf dem Gebiet der Musik und des Entertainments im Internet. Der „User“ sucht nicht mühsam im unübersichtlichen Angebot seine Musik. Die Musik sucht ihn, indem Redakteure die Suchprofile ihrer fast eine Million User erfassen und mit passenden Musikvideos zusammenbringen. Mit einfachen Benutzeroberflächen kann jeder sogar seinen Befindlichkeiten Rechnung tragen: Ob gerade verliebt, rebellisch oder extravagant, das Programme folgt der Laune.

Und das war nur der Anfang einer unglaublichen Erfolgsgeschichte. Wer will, kann sich sein Tape für eine Party „schneidern“ lassen. Und seit Ende letzten Jahres strahlen sie Musikfernsehen aus. Für 2010 stehen mehr als vier Millionen Euro im Budget. Nur wie kommt Geld in die Kasse? Durch Gebühren für besondere Dienste wie das Party-Tape, durch den Verkauf von Musikvideos und durch Werbung. Auch hier geht die Firma neue Wege. Der ehemalige Werbeagentur-Eigentümer Fritzsch hat eine „begleitende Werbung“ entwickelt, die passend zu den jeweiligen Programmen anregende Kurzfilme bringt. „Entertainment Branding“ nennt man das heute. Der Markt sei riesig und das Interesse der Firmen groß. Acht Milliarden Euro werden jährlich für TV-Werbung ausgegeben und vieles davon, ist der Unternehmer überzeugt, verpufft wirkungslos. 40 Prozent der Bevölkerung sind mittlerweile „Wenigseher“.

Im Internet dagegen wächst die Nutzung von „Entertainment“ kräftig; und die Nutzer sind bereit, für besondere Leistungen zu zahlen, wenn es einfach geht. Jetzt haben sie in eine AG umgegründet, um leichter Partner aufzunehmen. Das Netz der Kooperationen – etwa mit bild.de, Bravo, Brigitte oder Yahoo – wächst weiter. Der Standort in Weißensee nahe der Kunsthochschule gefällt ihnen. Weg von der „Blase Plastik-Leben“ in Prenzlauer Berg und der Kulturbrauerei, wo er zehn Jahre seine Werbeagentur hatte. Auch die günstigeren Mieten sind ein Argument. Und was macht der Mann, der in Berlin geboren, aber in Eberswalde und Frankfurt/Oder zur Schule gegangen ist und Regie an der Filmhochschule Babelsberg studiert hat, sonst noch? Musik ist die erste Leidenschaft des früheren Trompeters, Kunst begeistert ihn und auch die Kochkunst. Und er hat Yoga für sich entdeckt. Das eröffnet neue Dimensionen in seiner Welt, in der Erfolg und Leben sich nicht nur in ROIS (Return on Investment) misst.

Heik Afheldt war Herausgeber des

Tagesspiegels.

Conrad Fritzsch (40) ist Geschäftsführender Gesellschafter der tape.tv GmbH und jetzt Vorstand der tape.tv AG in Gründung. Der ehemalige Chef einer Werbeagentur stammt aus Mitte.

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