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Heiligendamm

© - Foto: ddp

Heiligendamm: Grand Hotel zum Aldi-Preis

Sechs Tage Luxusurlaub für 299 Euro – warum Nobelhotels manchmal auch Discount-Kunden schätzen.

Gerade zwei Wochen ist es her, dass US-Präsident George W. Bush, Kanzlerin Angela Merkel, der britische Premier Tony Blair und andere mächtige Regierungschefs aus dem Seebad Heiligendamm abgereist sind, da werden die Zimmer im Grand Hotel Kempinski im Internet schon zu Billigpreisen verschleudert. Sechs Tage Edelurlaub bietet das Reiseunternehmen Berge & Meer derzeit schon ab 299 Euro an – Frühstück inklusive. Wer regulär im Kempinski bucht, zahlt für ein Standard-Doppelzimmer wie das „Classic Parkblick“ derzeit den gleichen Preis für eine einzige Nacht.

„Das Angebot ist seit Freitag draußen und bisher sehr gut angelaufen“, sagt Reiner Meutsch, der Geschäftsführer von Berge & Meer, der auch Großkunden wie den Discounter Aldi und Kaffeeröster Tchibo mit Billigreisen beliefert. In spätestens drei Wochen, schätzt er, wird sein Küstenkontingent ausgebucht sein. 8000 Übernachtungen sind nach Angaben von Kempinski-Sprecherin Frauke Müller insgesamt im Angebot.

Die Berührungsängste zwischen Nobelhotels und Discount-Kunden werden kleiner, nicht nur in Heiligendamm. Bevor die Zimmer in flauen Reisezeiten leerstehen, verschachern die Betreiber großer Hotelketten sie lieber an Großabnehmer wie Berge & Meer, die sie via Aldi und Tchibo an ein Massenpublikum weiterreichen. So haben alle etwas davon: die Hotels, die Reiseunternehmen und vor allem die Kunden, von denen sich viele einen Aufenthalt im Fünf-Sterne-Hotel zum regulären Preis nicht leisten könnten.

Die Preise sind verblüffend niedrig: Einen dreitägigen Luxusurlaub in St. Moritz mit Unterkunft im Fünf-Sterne-Hotel, Frühstück und Drei-Gänge-Abendmenü gibt es bei Aldi und Tchibo derzeit ab 199 Euro. Lidl lockt mit dreitägigem Aufenthalt im belgischen Luxushotel „Chateau du Lac“ – ab 89 Euro pro Person. Wer lieber in Deutschland unterwegs ist, könnte bei der dreitägigen Städtereise nach Hamburg, Berlin oder München mit Unterkunft im Fünf-SterneKempinski auf seine Kosten kommen. Bei Aldi ab 119 Euro.

Und das soll sich lohnen? Hotels und Reiseveranstalter betonen, dass sie trotzdem noch einen guten Schnitt machen. „Wir verdienen Geld dabei“, beteuert Berge & Meer-Chef Meutsch, ohne Zahlen zu nennen. Möglich sei das, weil er kurzfristig große Kontingente kaufe und diese über schnelle Wege wie das Internet direkt an den Kunden weitergebe. „Wir entscheiden endgültig erst vier bis fünf Wochen vorher über das Angebot“, sagt er. Heiligendamm sei sogar erst vor drei Wochen klargemacht worde.

Auch in Heiligendamm wird versichert, dass das Geschäft lukrativ sei. „Für uns ist es besser, weniger einzunehmen als gar nichts, weil die Zimmer leerstehen“, sagt Kempinski-Sprecherin Müller. Nach dem G-8-Gipfel liege die Buchung in dem 225-Zimmer-Haus zwar deutlich über der Rate des Vorjahreszeitraums – bis einschließlich September hat das Hotel 1800 Übernachtungen mehr gezählt; in den Monaten danach gehe die Nachfrage aber saisonbedingt deutlich zurück. „Nur ein Viertel der Zimmer sind im November normalerweise ausgebucht“, sagt Müller.

Darum bekommen die Discount-Kunden zwar den vollen Fünf-Sterne-Service, wie sie beteuert, müssen ansonsten aber nehmen, was übrig bleibt. Nach Heiligendamm können sie erst ab November und nur bis April pilgern. Da kann es an der Küste schon sehr ungemütlich sein. Die Kempinski-Städtereisen gibt es dagegen nur im Juli und August, weil in dieser Zeit kaum Geschäftsleute in den Hotels einchecken. „Die Belegung ist im Sommer um acht bis zehn Prozent niedriger als sonst“, sagt Igor Ruminsky, Marketingchef des Kempinski-Hotels am Berliner Kurfürstendamm.

Angst davor, dass die Billigtouristen das Image der Luxusabsteigen ramponieren könnten, haben die Hotels nicht. „Wir haben sehr gute Erfahrungen gemacht“, sagt Ruminski, der auch mit Tchibo zusammenarbeitet.

Maren Peters

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