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Wirtschaft: Heimbetreiber vor Gericht

Verbraucherschützer: 90 Prozent der Verträge sind rechtswidrig

Rund 90 Prozent der Heimverträge verstoßen gegen geltendes Recht. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen (vzbv), die dem Tagesspiegel vorliegt. Die Verbraucherschützer hatten rund 250 Verträge untersucht. Davon verstießen nach Meinung des vzbv fast alle gegen das neue Heimgesetz, das zum 1. Januar 2002 reformiert worden war und die rechtliche Stellung der Heimbewohner gegenüber den Betreibern von Senioren- und Pflegeheimen verbessert hatte. Ein Großteil der Anbieter habe diese Verbesserungen einfach ignoriert und die Verträge nicht angepasst, kritisieren die Verbraucherschützer.

In ausgewählten 70 Fällen schickte der vzbv daraufhin den Heimbetreibern Unterlassungserklärungen. In 15 Fällen reichten die Verbraucherschützer Klage ein, darunter auch gegen das Land Berlin (Bezirksamt Neukölln), diverse zur Caritas gehörende Trägergesellschaften und ein Johanniter Seniorenzentrum in Erkrath. In vier Fällen gibt es bereits rechtskräftige Urteile – die in fast allen Punkten die Kritik der Verbraucherschützer bestätigen.

Inhalt des neuen Heimgesetzes ist eine detaillierte Aufschlüsselung der Kosten. „Die Heimbetreiber müssen die Kosten für Unterkunft und Verpflegung gesondert ausweisen“, sagt vzbv-Chefin Edda Müller. Der Grund: Verreist ein Heimbewohner, muss der Träger das bei den Kosten berücksichtigen. Die meisten Vertragsbedingungen sehen aber keine Erstattung bei kurzfristigen Abwesenheiten von bis zu drei Tagen vor.

Viele Heimbetreiber verstoßen nach Meinung der Verbraucherschützer auch gegen die gesetzliche Regelung, wonach Preiserhöhungen „angemessen“ sein müssen. „Was angemessen ist, müssen jetzt die Gerichte klären“, so Müller. Auch die neuen Kündigungsrechte sind bei den meisten Verträgen nicht berücksichtigt, kritisiert der vzbv. Nach dem neuen Heimgesetz können die Verbraucher nach Preiserhöhungen kündigen. Zudem ist die Frist für ordentliche Kündigungen zu Gunsten der Heimbewohner verkürzt worden. Die Heimbetreiber dürfen dagegen nur kündigen, wenn die Fortsetzung des Vertrags für sie eine unzumutbare Härte darstellen würde. Zudem würden auch die Rechte der Heimbewohner beziehungsweise deren Erben bei der Räumung von Heimzimmern und beim Umgang mit Sachen der Bewohner unzulässig beschnitten, meinen die Verbraucherschützer.

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