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Wirtschaft: Heineken: Erstmals großer ausländischer Bierkonzern in Deutschland

Der deutsche Biermarkt gilt als weltweit einzigartig. Nirgendwo sonst gibt es Dörfer mit 2000 Einwohnern und drei Brauereien.

Der deutsche Biermarkt gilt als weltweit einzigartig. Nirgendwo sonst gibt es Dörfer mit 2000 Einwohnern und drei Brauereien. Rund 1300 meist mittelständische und oft defizitäre Brauereien liefern sich in einem zersplitterten und weitgehend regionalisierten Markt seit Jahren einen Preiskrieg. Bestehende Überkapazitäten von 35 bis 40 Prozent werden nur zögerlich abgebaut. "Das ist ein Blutbad," beschreibt der Vorstandschef von Europas führender Brauerei Heineken, Karel Vuursteen, die Lage in Deutschland.

Jetzt mischt auch er mit. Als Vehikel zum Einstieg in den umkämpften Biermarkt zwischen Flensburg und Garmisch dient für den niederländischen Heineken-Konzern die Münchner Schörghuber-Gruppe als heimische Nummer acht. Dazu wird ein Gemeinschaftsunternehmen gegründet, an dem die Niederländer gegen Zahlung einer unbekannten, aber vermutlich namhaften Summe einen Minderheitsanteil von 49,9 Prozent halten werden. Die Münchner bringen im Gegenzug große Teile ihres Biergeschäfts ein, zu dem neben dem Flaggschiff Paulaner auch noch Biermarken wie Hacker-Pschorr und Kulmbacher zählen.

Für die hier zu Lande von den Weltmärkten abgeschottete und fast in Schrebergarten-Atmosphäre operierende Branche ist das ein Paukenschlag. Denn mit Heineken betritt erstmals ein renditestarker Bierkonzern deutschen Boden. Das dürfte die kleine Welt deutscher Bierbrauer radikal ändern. Zwar ist nicht damit zu rechnen, dass nun Heineken-Biere den deutschen Markt überfluten, um damit den Preiskampf weiter anzuheizen. Mit den finanziellen und Management-Ressourcen der Niederländer im Rücken und den Marktkenntnissen der Schörghuber-Gruppe dürfte das Duo aber bald für eine spürbare Konsolidierung der Branche sorgen. Erst vor kurzem hatte Schörghuber versucht, die sanierungsbedürftige Brau und Brunnen AG in Dortmund zu schlucken, um zur Nummer eins der heimischen Branche vor Holsten und Binding aufzusteigen.

Die internationalen Braukonzerne schielen seit Jahren nach dem mit einem Volumen von gut 110 Millionen Hektolitern bedeutenden deutschen Biermarkt. Nun ist das Eis gebrochen. Heineken habe lediglich "die ersten Schritte gesetzt" und sei nun imstande, an den Entwicklungen am deutschen Biermarkt von innen heraus teilzuhaben, stellte Vuursteen für seinen Konzern mit 74 Millionen hl Bierausstoss klar. Auch Anheuser Busch mit 137 Millionen Hektoliter (hl) Ausstoss und andere dürften sich demnächst zu Wort melden. Die heimischen Größen wie Holsten (12,7 Millionen hl) oder Binding (9,7 Millionen hl) nehmen sich dagegen mickrig aus. "Wir haben ein Bier von Weltruf, nur den internationalen Absatz kann man nicht mal mit der Lupe finden," beschreibt Schörghuber den Stellenwert der heimischen Branche. Ob das auch den Geschmack der Biertrinker trifft, denen in Deutschland rund 5000 von global insgesamt etwa 12 000 Biermarken zur Verfügung stehen, ist eine andere Frage.

tmh

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