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Wirtschaft: Heiße Luft in Frankreich

„Alle reden vom Wetter, aber keiner tut was dagegen“ – das ist ein alter Witz, den zumindest die Franzosen nicht mehr witzig finden. Die sozialistische Partei, die nach dem Wahldesaster im letzten Jahr immer noch eine Richtung sucht, gibt der Regierung die Schuld an den tausenden Hitzetoten.

„Alle reden vom Wetter, aber keiner tut was dagegen“ – das ist ein alter Witz, den zumindest die Franzosen nicht mehr witzig finden. Die sozialistische Partei, die nach dem Wahldesaster im letzten Jahr immer noch eine Richtung sucht, gibt der Regierung die Schuld an den tausenden Hitzetoten. Da die Opposition weiß, dass diese Beschuldigung bar jeder Vernunft ist, verwendet sie eine Neinaber-Strategie. Nein, die Regierung kann nichts für die Hitze, aber für die Todesfälle schon. Wegen der öffentlichen Empörung trat der Generaldirektor für Gesundheit und Verbraucherschutz, Lucien Abenhaim, vergangenen Montag zurück.

Der Parteichef der Sozialisten, François Hollande, meinte, dass die Frage nicht sei, ob die Regierung Schuld an der Hitze trage. Die Frage sei, ob die Regierung richtig gehandelt habe. Die Regierung sei nicht „wachsam“ und nicht „vorbereitet“ gewesen. Die Zahl der Toten liegt zwischen 3000 und 5000 – anfechtbare Zahlen, da die Todesursache oft nicht allein auf Hitze zurückzuführen ist.

Nur gut, dass es den Ex-Gesundheitsminister Bernard Kouchner gibt, der großes Vertrauen in Frankreich genießt. Er unterließ nicht nur die billige Attacke auf die Regierung, sondern wagte es auch, den Verwandten der Opfer Mitschuld zu geben. „Was ist das für eine Gesellschaft, in der die Leute die Regierung beschuldigen, wenn es kalt oder heiß ist?“, fragte er. Die Lektion sei, dass „man sich um seine alten Verwandten kümmern muss“. Die Regierung und Experten geben Verwandten, die ihre Alten für ihre Urlaubsreisen zurückließen, Schuld an einigen Todesfällen. Jeder solle erst sein eigenes Gewissen prüfen, bevor er die Regierung anklage.

Vielleicht wurde die Regierung wirklich von der Hitze überrascht – wie alle. Vielleicht sollte eine Untersuchung durchgeführt werden, weil, so Lucien Abenhaim, „nicht sicher ist, ob irgend jemand Schuld trägt. Die Vorkommnisse und Konsequenzen waren unvorhersehbar“. Genau wie das Wetter. Aber es ist doch recht pathetisch, wie einige Franzosen instinktiv die Regierung beschuldigten. An dieser Tragödie sind vermutlich viele beteiligt. Nachdem sich viele über Jahre daran gewöhnt haben, zu glauben, die Regierung könne alle Probleme lösen, wenden sie ihre Wut gegen den Staat, wenn es zu heiß wird. Das sollte Kouchner nicht überraschen.

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