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Wirtschaft: Heißer Kampf um Marktanteile

Der Konzentrationsprozess hat gerade erst begonnen: Neben Arcelor und Mittal könnte ein weiterer Megakonzern entstehen

Lange Zeit ist es um die Stahlindustrie still gewesen. Die Produktion nahm ihren gewohnten Gang, der Absatz entwickelte sich erfreulich gut, vor allem in den Boomregionen Asiens, und eigentlich hätte es noch lange so weitergehen können. Doch plötzlich änderten sich die Rahmenbedingungen: Der Preis für den Rohstoff Eisenerz schoss im vergangenen Frühjahr um mehr als 70 Prozent in die Höhe, und auch der wichtige Produktionsfaktor Energie ist heute so teuer wie selten zuvor.

Die Stahlunternehmen antworten auf die neue Situation mit einem einfachen Rezept: sie kooperieren und fusionieren, um so ihre Kosten zu senken. Dabei ist die von Mittal angestrebte Fusion mit Arcelor (siehe Kasten) kein Einzelfall. Bei kleinen und mittleren Unternehmen finden Übernahmen und Zusammenschlüsse fast jeden zweiten Tag statt: Eine Studie der Beratergesellschaft Pricewaterhouse Coopers (PwC) verzeichnet für das vergangene Jahr weltweit 165 Fusionen in der Stahlindustrie. Deren Gesamtwert: 27,4 Milliarden Euro.

In nächster Zeit werden die Übernahmeaktivitäten sogar noch zunehmen. Das erwartet der deutsche Branchenverband, die Wirtschaftsvereinigung Stahl. Neben den Marktführern Arcelor und Mittal könne sogar ein weiterer Megakonzern entstehen. „Weltweit könnte es durchaus einen dritten Anbieter geben, der so groß ist wie die beiden jetzigen Marktführer“, sagte Verbandspräsident Dieter Ameling dem Tagesspiegel. Dies sei die logische Folge des fortschreitenden Konzentrationsprozesses. Als Fusionskandidaten gelten in Branchenkreisen der britisch-niederländische Corus-Konzern, die beiden amerikanischen Unternehmen Nucor und US-Steel sowie Baosteel aus China.

Noch ist die Stahlbranche relativ kleinteilig aufgestellt. Auf die fünf größten Stahlunternehmen entfällt ein Marktanteil von nur 18 Prozent. „In der Aluminiumindustrie kommen die ersten fünf dagegen auf 45 Prozent“, sagte Stahl-Präsident Ameling. „In der Kunststoffbranche sind es sogar 70 Prozent.“ Er gehe davon aus, dass der Konzentrationsprozess in der Stahlindustrie in fünf bis zehn Jahren ähnlich weit fortgeschritten sein werde.

Peter Albrecht, Stahlexperte bei PwC, sieht drei Gründe für die Strategie der Unternehmen. Zum einen müssten im globalen Wettbewerb die Kosten gesenkt werden. Zum Zweiten richten sich die Abnehmer wie Maschinenbauer und Autohersteller immer internationaler aus, so dass die Stahlunternehmen ihren Kunden folgen müssen. Und zum Dritten versucht die Branche, ihre Verhandlungsmacht gegenüber den Rohstoffproduzenten auszubauen. „Diese Entwicklung wird noch einige Jahre dauern“, sagte Albrecht. Welche Weltregion am Schluss führen werde, sei offen. „Die russische Industrie hat gezeigt, dass da viel in Bewegung kommen kann.“ China hingegen werde auf absehbare Zeit nicht eingreifen. Schließlich hätten die dortigen Firmen genug eigene Probleme (siehe unten).

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