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Mit Umhang. Auf das richtige Team kommt es an, meinen Jungunternehmer.

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Helden gesucht: Start-ups befürchten Fachkräftemangel

Ideen sind gut, gute Mitarbeiter besser. Start-ups befürchten einen Engpass. In Berlin sind die Gründer bei Neueinstellungen aber schon eine Stufe weiter als vielerorts sonst.

Ideen muss man haben. Doch die beste Geschäftsidee nützt nichts, wenn die falschen Leute sie verwirklichen. Das ist eine der zentralen Aussagen einer aktuellen Start-up-Studie, die die Unternehmensberatung PricewaterhouseCoopers (PwC) erstellt hat. Demnach sind engagierte Mitarbeiter für 36 Prozent der deutschen Tech-Gründer entscheidend für den Erfolg – eine Geschäftsidee mit Wachstumspotenzial für 29 Prozent. „Personal ist genauso wichtig wie die Idee. Das eine geht nicht ohne das andere“, sagt Thomas Kieper, der die Start-up-Initiative und den Berliner Standort von PwC leitet. Umso alarmierender erscheint vor diesem Hintergrund, dass drei von vier der befragten Firmenchefs einen akuten Fachkräftemangel sehen.

In Berlin entsteht jeder achte Job in der Digitalbranche

In Berlin ist der Anteil der besorgten Start-up-Unternehmer mit knapp zwei Dritteln übrigens nicht ganz so hoch. Aber in der Bundeshauptstadt fällt er umso stärker ins Gewicht – präsentiert sich Berlin doch gerne als Gründermetropole. In der Tat spielt die Szene für Berlin eine viel größere Rolle als in Regionen im Süden Deutschlands, die etwa über eine starke Autoindustrie oder Chemieansiedlungen verfügen. In Berlin entsteht nach offiziellen Zahlen inzwischen jeder achte Job in der Digitalbranche – rund 75 000 Menschen arbeiten mittlerweile für ein Unternehmen in diesem Bereich und erlösen dabei jährlich etwa elf Milliarden Euro. Allein in den Jahren 2011 bis 2013 ist die Beschäftigtenzahl im Segment der meist softwarelastigen Jungunternehmen um zwölf Prozent gewachsen.

Vertraulichkeit tut selten gut

Folgt man den Autoren der aktuellen Studie könnten es wohl noch ein paar mehr Beschäftigte sein. Denn neben dem tatsächlichen Fachkräftemangel gibt es in der Szene so etwas wie einen gefühlten. Viel zu häufig läuft die Suche nach neuen Mitarbeitern wenig professionell ab. Drei Viertel der Gründer verlassen sich bei der Auswahl auf private Kontakte und persönliche Empfehlungen. Bei zwei von drei befragten Managern entscheidet am Ende das Bauchgefühl über die neuen Mitarbeiter. Die fachliche Qualifikation ist dabei weniger wichtig.

Für Kieper ist das Ergebnis auf der einen Seite nachvollziehbar. „Viele der Start-ups sind klein, und natürlich spielen persönliche Empfehlungen dann tendenziell eine größere Rolle bei der Personalwahl als in großen Unternehmen.“ Auf der anderen Seite tue die Vertraulichkeit in den seltensten Fällen gut. „Das ändert aber nichts an der grundsätzlichen Erfahrung: Eine zu große persönliche Nähe kann für Schwierigkeiten sorgen.“

Ein Fünftel der Befragten wäre Mitarbeiter gerne wieder los

Dass die Quote der Fehlbesetzungen zu hoch sei, untermauert nach Kiepers Ansicht noch ein weiteres Ergebnis. So würde sich ein Fünftel der befragten 270 Gründer lieber heute als morgen von einem oder mehreren Mitarbeitern trennen. Die Abschusskandidaten sind ihnen nicht motiviert genug, dem Unternehmen nicht ausreichend verbunden oder zu wenig teamfähig. Dabei haben die Jungunternehmer sie meist höchstpersönlich ausgesucht. Bei 95 Prozent aller Start-ups ist Personalauswahl und Rekrutierung nämlich reine Chefsache. „Mit einem professionellen Personalmanagement werden sie feststellen, dass sie von der befürchteten Wachstumsgrenze noch sehr weit entfernt sind“, sagt Kieper.

Gründer lernen schnell

Grund zur Besorgnis besteht für die Gründer also nicht. Zumal sie offenbar schnell lernen. Kieper verweist auf die Ergebnisse aus Berlin. Rund 7000 Start-ups sind in den vergangenen Jahren entstanden. Alle 20 Stunden kommt ein neues hinzu. Dieses Mehr an Erfahrung mache sich in vielem bemerkbar, meint Kieper – auch im Personalmanagement. So ziehen sich hier die Chefs bereits häufiger aus der Personalauswahl zurück (80 statt 95 Prozent). Zudem schalten drei Viertel der Hauptstadt-Gründungen inzwischen Anzeigen im Internet, zwei Drittel nutzen Netzwerke wie Xing oder LinkedIn zur Kandidatensuche. Im Bundesländervergleich liegt Berlin damit vorn.

Eine grundsätzliche Strategie ist wichtig fürs Unternehmen

Wenn es mit dem Personal läuft, gewinnen andere Faktoren an Bedeutung: Berliner Start-ups siedeln das richtige Team sowie die Geschäftsidee auf der Erfolgsskala vergleichbar hoch an wie der Durchschnitt – noch wichtiger ist für sie jedoch die grundsätzliche Strategie (47 Prozent). Kieper deutet das als einen weiteren „Beleg für die Reife“ der Berliner Start-ups. „Gute Ideen gibt es viele – es kommt aber auf die Strategie an, mit der man sie verwirklichen will.“ Dass nur gut die Hälfte der Hauptstadt-Gründer im laufenden Jahr mit höherem Umsatz rechnet – bundesweit sind es drei Viertel – sieht er im gleichen Kontext. „Wir glauben, dass die Unternehmen das Geld für anderes ausgeben: wie zum Beispiel durch Marketing die Bekanntheit der Marke zu erhöhen.“

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