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Wirtschaft: Henkel fordert radikale Reform des Sozialstaates ein

BONN (wei).Gegen ein neues Bündnis für Arbeit nach der Bundestagswahl hat sich der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Hans-Olaf Henkel, ausgesprochen.

BONN (wei).Gegen ein neues Bündnis für Arbeit nach der Bundestagswahl hat sich der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Hans-Olaf Henkel, ausgesprochen.Ein breiter gesellschaftlicher Konsens habe Deutschland immer geholfen und sollte auch künftig gesucht werden, um Reformen voranzubringen.Wenn das aber heiße, daß der Langsamste das Tempo vorgibt, bewege sich die Gesellschaft zu langsam, sagte Henkel im Vorfeld der BDI-Jahrestagung, die heute in der Bonner Beethovenhalle stattfindet.Dort will der BDI ein Perspektivkonzept "Für ein attraktives Deutschland" verabschieden, das von 70 führenden Managern und Wissenschaftlern erarbeitet wurde.

Der BDI stelle sich damit der Aufforderung des Bundespräsidenten, eine Vision für die deutsche Gesellschaft aufzuzeigen, sagte Henkel.Das Perspektivkonzept stelle die Vision der Industrie von Deutschland im Jahr 2010 dar.Erwartet werden in der Beethovenhalle auch Bundeskanzler Helmut Kohl, sein Herausforderer Gerhard Schröder und der italienische Regierungschef Romano Prodi.In acht Kapiteln hat der BDI skizziert, wie die Bundesrepublik nach den Vorstellungen der Industrie aussehen soll.Die Attraktivität Deutschlands als Standort werde unter anderem durch hohe Steuern und Abgaben gefährdet.Um wieder zu einem "entscheidungsfähigen, schlanken Staat" zu kommen, schlägt der BDI ein Maßnahmenbündel vor, darunter eine Reform der öffentlichen Verwaltung und der föderalen Aufgaben- und Einnahmenverteilung.Damit könnte die Sanierung der Staatsfinanzen bis 2010 soweit vorangebracht werden, daß die Einnahmen die Ausgaben übersteigen und mit der Rückzahlung der aufgelaufenen Schulden begonnen werden kann, sagte Henkel.Auf die Dauer müsse die deutsche Staatsquote, die jetzt bei knapp 43 Prozent liegt, auf 35 Prozent gesenkt werden.

Deutschland müsse auch künftig eine "weltoffene Gesellschaft" bleiben und ein "Knotenpunkt weltweiter Vernetzung".Die Erweiterung und Vertiefung der Europäischen Union spielten dabei eine herausragende Rolle.Den neuen Informationstechnologien müßten die notwendigen Entfaltungsmöglichkeiten eingeräumt werden.Sie seien auch eine Voraussetzung für eine weitere Dezentralisierung und für eine "Renaissance des Mittelstandes".Für notwendig hält der BDI auch eine neue Bildungspolitik.Chancengleichheit, sagte Henkel, könne nur bedeuten, daß alle beim Start die gleichen Chancen hätten, aber nicht, daß alle auch gleichzeitig durch Ziel laufen.Um in der Forschung wieder weltweit an die Spitze zu rücken, müsse der Wettbewerb zwischen Studierenden, zwischen Hochschullehrern und zwischen Hochschulen deutlich intensiviert werden.

Die deutsche Gesellschaft des Jahres 2010 soll außerdem "mobil", "energieeffizient" und "umweltbewußt" sein.Der BDI spricht sich in diesem Zusammenhang sowohl für die weitere Nutzung der Kernenergie aus als auch gegen eine "ökologische Steuerreform".Deutschland sei auch ohne Ökosteuern zum Weltmeister beim Umweltschutz aufgestiegen, sagt Henkel.

Der Sozialstaat müsse schließlich durch mehr Eigenverantwortung des Einzelnen wieder auf eine sichere Grundlage gestellt werden.Der Staat müsse sich auf den Mindestschutz bei großen Risiken beschränken."Ein soziales Netz, das hält, kann nicht auch bequem sein." Solidarität auf dem Arbeitsmarkt heiße in erster Linie, durch differenzierte Löhne und Arbeitszeiten für mehr Beschäftigung zu sorgen.Henkel warnte davor, aus der Asienkrise die falschen Schlüsse zu ziehen.Vielmehr müsse damit gerechnet werden, daß das Versäumte in den nächsten Jahren nachgeholt werde und die Industrieländer es danach mit einer noch gefährlicheren Konkurrenz zu tun bekämen.Die Abwertung der Krisenwährungen mache der deutschen Industrie schon jetzt erheblich zu schaffen.

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