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Wirtschaft: Herbe Zeiten

Die Deutschen haben 2006 erstmals wieder mehr Bier getrunken. Doch der Trend hält nicht an – auch wegen der steigenden Preise

Düsseldorf - Der heiße Sommer und die Fußball-Weltmeisterschaft haben den Bierdurst der Deutschen 2006 erstmals seit zwölf Jahren wieder deutlich wachsen lassen. Jeder Einwohner trank nach Angaben des Deutschen Brauer-Bundes im Schnitt fast 118 Liter Bier – knapp drei Liter mehr als 2005. „Im vergangenen Jahr ist der Pro-Kopf-Verbrauch etwa auf das Niveau von 2003 gestiegen“, sagte ein Sprecher des Brauer-Bundes. 2007 könnte das Geschäft aber wieder schwieriger werden, befürchtet die Branche. Zudem steigen die Preise.

Die Brauerei Krombacher, nach eigenen Angaben Marktführer bei Premium-Pils, verkündete am Dienstag einen Rekordabsatz für das abgelaufene Jahr. Der Ausstoß stieg um 2,7 Prozent auf 5,7 Millionen Hektoliter, der Umsatz um 2,8 Prozent auf 540 Millionen Euro. Das gute Wetter und die Fußball-Euphorie hätten das Geschäft beflügelt, sagte Krombacher-Marketing-Geschäftsführer Hans-Jürgen Grabias in Düsseldorf. Zudem habe die Brauerei von der besseren Verbraucherstimmung profitiert. „Die Leute waren wieder bereit, mehr Geld auszugeben“, sagte der Technik-Geschäftsführer Helmut Schaller. Zum Gewinn machte Krombacher keine Angaben. „Wir sind sehr zufrieden“, hieß es nur.

Auch die Billigbiermarke Oettinger legte 2006 kräftig zu. „Wir haben unseren Absatz um fünf Prozent gesteigert“, sagte Geschäftsführer Dirk Kollmar dem Tagesspiegel. Absolute Zahlen veröffentlicht das Unternehmen nicht. Oettinger ist nach eigenen Angaben größter deutscher Hersteller mit 8,4 Prozent Marktanteil. In vielen Vergleichen mit Premiummarken taucht Oettinger nicht auf, weil es keine Kneipen und Restaurants beliefert.

Die sächsische Brauerei Wernesgrüner steigerte ihren Absatz ebenfalls. 2006 setzte das zur Bitburger-Gruppe gehörende Unternehmen mit 623 000 Hektolitern etwa 10,5 Prozent mehr ab als im Vorjahr. Klassisches Pils und das neue Lemon-Mixgetränk seien fast gleichmäßig gewachsen, teilte Wernesgrüner mit.

Auf Mixgetränke und Zusatzgeschäfte im Markt für alkoholfreie Getränke setzen viele Brauer auch in Zukunft. Der Absatz von Bier-Mixgetränken wuchs laut Zahlen des Marktforschers AC Nielsen von Herbst 2005 bis Herbst 2006 um gut 30 Prozent und soll auch künftig steigen.

Der klassische Biermarkt gilt trotz der jüngsten Erfolgsmeldungen als schwierig und tendenziell rückläufig. Gestiegenes Gesundheitsbewusstsein und das Aufkommen neuer Getränke wie Alkopops schwächen die Position. „Es wäre toll, wenn wir 2007 das Niveau beim Pils-Absatz halten können“, äußerte sich auch Krombacher-Marketing-Geschäftsführer Grabias verhalten. Kleinere Brauereien würden es wohl noch schwerer haben, da sie als Lieferant für Fanfeste oft besonders von dem WM-Effekt profitiert hätten. Entscheidend für den Erfolg von Krombacher sei, dass sich das Unternehmen seit einiger Zeit nicht mehr nur auf Pils pur konzentriere. Vor einem knappen Jahr hat das Unternehmen die Abfüllrechte an Schweppes-Getränken für den deutschen Markt gekauft. Im ersten Halbjahr der Zugehörigkeit zu Krombacher wuchsen Ausstoß und Umsatz um etwa elf Prozent.

Der Boom bei mildem Bier wie „Becks Gold“ scheint derweil vorbei zu sein. Krombacher setzte 2006 nur noch gut die Hälfte seiner Sorte „Extra Mild“ ab, verdrängte Bitburger Sun nach eigenen Angaben jedoch von Platz zwei. Auch Marktführer Beck’s räumt ein, dass seine Sorte Beck’s Gold nicht mehr so rasant zulege wie früher. „Das Wachstum ist abgeflacht“, sagte ein Sprecher.

Wegen höherer Kosten für Hopfen und Malz bereitete Krombacher-Geschäftsführer Grabias die Verbraucher auf steigende Preise vor. Es gebe zudem einen dramatischen Mangel an Braugerste. „Ich glaube, dass generell eine Preiserhöhung am Markt durchgesetzt werden müsste“, sagte Grabias mit Blick auf die Branche. Die Radeberger-Gruppe (Berliner Kindl, Berliner Pilsner, Schultheiss) kündigte an, im Frühjahr über eine Preiserhöhung zu entscheiden.

Nils-Viktor Sorge

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