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Herbstgutachten: Wirtschaftsforscher fordern harten Sparkurs von Schwarz-Gelb

Auch die führenden Forschungsinstitute sehen die deutsche Wirtschaft wieder auf Wachstumskurs. Allerdings sind sie weniger optimistisch als die Unternehmen - und warnen die künftige Regierung vor Steuergeschenken.

Stimmungsumschwung in der deutschen Wirtschaft: Zum ersten Mal seit zwei Jahren berichten die Unternehmen wieder von einer besseren Geschäftslage und optimistischeren Erwartungen für die kommenden Monate. Zugleich heben Verbände und Forschungsinstitute ihre Wachstumsprognosen für 2010 an. Auch die Folgen der Wirtschaftskrise für den Arbeitsmarkt werden inzwischen nicht mehr so dramatisch eingeschätzt, weil es vielen Unternehmen besser als befürchtet geht.

Für die schwarz-gelbe Koalition ist das eine gute Nachricht. Die nach oben korrigierten Wachstumsprognosen fließen auch in die Haushaltsplanung der neuen Bundesregierung für 2010 ein. Nach einer sehr vagen Faustformel bedeutet ein Wachstumsplus von 0,1 Prozentpunkten Steuermehreinnahmen für den Gesamtstaat von gut 20 Milliarden Euro.

„Deutschland ist auf dem Weg raus aus der Krise“, sagte Martin Wansleben, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) am Mittwoch in Berlin. „Die Konjunktur erholt sich schneller als erwartet.“ Nach einer Umfrage bei 25 000 Unternehmen wagt der DIHK die Vorhersage, dass das Bruttoinlandsprodukt (BIP) 2010 um 2,0 Prozent wachsen wird – nach einem Minus von 4,8 Prozent im laufenden Jahr. Das BIP gibt den Gesamtwert aller in einem Jahr hergestellten Waren und erbrachten Dienstleistungen an.

Der Spitzenverband ist mit seiner Prognose optimistischer als die Forschungsinstitute, die in ihrem am Donnerstag vorgestellten Herbstgutachten für 2010 ein Wirtschaftswachstum von 1,2 Prozent voraussagen. Die Ökonomen sprechen von einer Stabilisierung der Wirtschaft, warnen aber vor einer höheren Staatsverschuldung und Steuersenkungen auf Pump. Von der künftigen schwarz-gelben Regierung fordern die Institute einen harten Sparkurs. Es gebe "beträchtliche Spielräume" bei Subventionen und Ausgaben zu kürzen.

Die Bundesregierung will am Freitag ihre Prognose von 0,5 auf rund 1,2 Prozent anheben, wie es in Koalitionskreisen hieß. Im laufenden Jahr wird mit einem Konjunktureinbruch von fünf Prozent gerechnet. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) betonte am Mittwoch in Hannover, das für 2010 erwartete Wachstum von rund einem Prozent zeige, dass „wir langsam aus dem Tal herauskommen“. Ein rigider Sparkurs sei aber falsch.

DIHK-Chefvolkswirt Volker Treier begründete die optimistische Vorhersage für 2010 mit der momentan „starken Dynamik“ in der Wirtschaft, die positiven Einfluss auf die Konjunkturentwicklung haben werde – allerdings auch die Statistik besser aussehen lasse. Weil die Wirtschaft im dritten und vierten Quartal deutlich stärker wachsen dürfte als im Jahresschnitt 2009, gebe es einen „statistischen Überhang“, der zu einer höheren Wachstumsrate im kommenden Jahr führe.

Treier warnte vor Euphorie: „Wir haben noch schwierige Monate vor uns.“ Laut DIHK stecken Teile des Maschinenbaus, der Nutz- und Luftfahrzeughersteller, des Luftverkehrs und des Werbe- und Anzeigenmarktes noch mitten in der Krise. Anderen Sektoren – etwa dem Einzelhandel oder dem Ernährungsgewerbe – stehe sie wegen der steigenden Arbeitslosigkeit noch bevor. Chemie- und Metallbranche seien hingegen aus dem Gröbsten heraus. Insgesamt kehre bei den Unternehmen die Investitionsbereitschaft zurück. Umso wichtiger sei es, dass sich die Finanzierungsbedingungen nicht verschlechterten, die Banken also für ausreichende Liquidität bei den Unternehmen sorgten. „Der Aufschwung darf nicht abgewürgt werden“, warnte DIHK-Hauptgeschäftsführer Wansleben.

Die Kammerorganisation erwartet im Schnitt des laufenden Jahres einen Anstieg der Arbeitslosen um 200 000 auf 3,45 Millionen. 2010 dürften durchschnittlich 3,9 Millionen Menschen auf Jobsuche sein, besonders bei Großkonzernen seien dann Entlassungen zu erwarten. Aber: „Der Arbeitsmarkt wird sich auch in den kommenden Monaten als relativ stabil erweisen“, sagte Wansleben. Dies sei auch dem sehr sinnvollen Instrument der Kurzarbeit zu verdanken. Nach einem Höchststand von bis zu 4,3 Millionen Arbeitslosen im Frühsommer komme im zweiten Halbjahr die Trendwende, sagte Chefvolkswirt Volker Treier.

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