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Wirtschaft: Herlitz denkt über Personalabbau nach

In Teilbereichen könnten aber neue Jobs entstehen / Führungswechsel nach Einstieg von US-Investor

Berlin - Der traditionsreiche Berliner Schreibwarenhersteller Herlitz schließt einen Personalabbau nicht aus. „Eine Vielzahl unserer Produkte ist einem dramatischen Preiswettbewerb unterworfen“, sagte der künftige Herlitz-Vorstand Dietrich Groth dem Tagesspiegel. „In diesen Bereichen müssen wir rationalisieren.“ Dies sei zwar nicht zwangsläufig mit Personalabbau verbunden. „Wenn wir aber kein renditeorientiertes Wachstum hinbekommen, dann kann man nicht ausschließen, dass man beim Personal anpassen muss.“ In einzelnen Bereichen hingegen sei auch ein Beschäftigungszuwachs möglich.

Herlitz war vor wenigen Wochen vom US-amerikanischen Finanzinvestor Advent übernommen worden. Vorstand und Arbeitnehmervertreter hatten den Einstieg begrüßt, weil sich so neue Wachstumsperspektiven eröffneten. Vor drei Jahren noch war Herlitz in die Insolvenz gerutscht. Zuletzt konnte das Unternehmen jedoch wieder auf gute Zahlen verweisen.

Am Dienstag gab Herlitz nun Änderungen in seinem Vorstand bekannt. So wird zum Jahreswechsel der bisherige Geschäftsführer von Tesa, Jan Van Riet, den Vorsitz von Christian Supthut übernehmen, der in den Aufsichtsrat wechselt. Dietrich Groth soll für Marketing und Vertrieb zuständig sein, für Finanzen Jan von Schuckmann. Norbert Strecker scheidet aus dem Vorstand aus.

Groth und Strecker sagten, dass der Wechsel an der Spitze nichts mit dem Investor zu tun habe. Im Fall Streckers sei ein Ausscheiden ohnehin geplant gewesen, bei Supthut sei der Abschied altersbedingt.

Der neue Vorstand setzt nun klar auf Wachstum. „Wir müssen von einer Einigelungs- und Verteidigungsstrategie zu einer Vorwärtsstrategie kommen“, sagte Groth. „Wir müssen im deutschen Markt wieder mehr Umsatz machen als im Vorjahr.“ So sei in einzelnen Bereichen sogar denkbar, die Zahl der Beschäftigten auszuweiten. „Das gilt vor allem für den Bereich Schulbedarf“, sagte Groth. Bei den heutigen Fertigungsstrukturen würden davon vor allem die Standorte in der Region profitieren, daneben aber auch die in Polen.

Darüber hinaus sieht Herlitz auch wieder Chancen in Russland. „Ich kann mir durchaus vorstellen, dass Herlitz eines Tages auch wieder in Russland produziert, von der Logik her wäre das vernünftig“, sagte Noch- Vorstand Strecker. Auch Groth bestätigte, dass es in Osteuropa derzeit vier bis sechs Übernahmekandidaten gebe, für die sich Herlitz interessiere. In den 90er Jahren hatte sich Herlitz bei einem ersten Engagement in Russland übernommen und sich daraufhin wieder zurückgezogen.

Verlagerungen von Deutschland nach Osteuropa stünden jedoch nicht an. „Man vertut sich manchmal mit dem Gucken nach Osteuropa; wenn man alle Kosten – auch Transportkosten – mit einrechnet, ist das oft keine echte Alternative“, sagte Groth. So gebe es zum Beispiel keinerlei Diskussionen darüber, die Produktion von Ordnern aus dem südbrandenburgischen Peitz nach Polen zu verlagern.

Allerdings stellte Groth klar, dass die Kostenstruktur in Peitz derzeit nicht zufriedenstellend sei. „Wir werden erhebliche Kostenanpassungen machen müssen.“ Wie viele der 400 Mitarbeiter zum Ende des Jahres noch in Peitz sein werden, könne man heute nicht sagen. „Es wird nicht ohne Stellenabbau gehen, aber wir arbeiten daran, dass möglichst viele ihren Arbeitsplatz behalten“, sagte Groth.

In Berlin wiederum sei eine mögliche Verlagerung nach Falkensee kaum problematisch: „Ich spüre im Unternehmen keine Ängste in der Art: Oh Gott, ich muss morgen nach Falkensee fahren.“ Auch die Kleinaktionäre müssen sich laut Groth keine Sorgen machen: Seines Wissens gebe es von Seiten des Investors Advent keine Pläne, Aktionäre herauszukaufen.

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