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Wirtschaft: Hessens Unternehmer würden Koch wählen

Die Banken und die Baubranche haben zu kämpfen, aber dem Ministerpräsidenten gibt niemand die Schuld

Frankfurt (Main). Der Blick ins Frankfurter Bankenviertel könnte Euphorie auslösen. Die Dresdner Bank steht kurz vor der Fertigstellung ihres neuen Büroturms. Nebenan trocknet das Fundament für das neue Hochhaus der Deka-Bank. Die Deutsche Bank räumt gerade die Möbel in ihren Neubau an der Messe. Auch an anderen Stellen ragen Baukräne in den Himmel. Die Banken haben Geld und die Baufirmen Aufträge. Könnte man meinen. Doch das Bild täuscht. Die Projekte wurden schon vor Jahren angeschoben, als es den Geldhäusern noch gut ging. Längst ist klar, dass die neuen Flächen nur zum Teil benötigt werden. Andere Vorhaben wurden im letzten Moment gestoppt. Den Banken geht es schlecht, der hessischen Bau-Industrie noch schlechter.

Der Finanzsektor steht zusammen mit Dienstleistern und Immobilienfirmen für fast 40 Prozent der Wertschöpfung der hessischen Wirtschaft. Wenn die Geschäfte dort nicht florieren, kann es insgesamt zwischen Bensheim und Kassel nicht rosig aussehen. Immerhin: So deutlich bergab wie in anderen Bundesländern ging und geht es in Hessen nicht. Ob dies der Wirtschaftspolitik von Ministerpräsident Roland Koch (CDU), der am Sonntag gern wieder gewählt werden würde, zuzuschreiben ist, ist eine andere Frage. Das Bruttoinlandsprodukt in Hessen sank zwar im ersten Halbjahr 2002 um 0,5 Prozent, im hochgelobten Baden-Württemberg allerdings schrumpfte die Wirtschaft um 0,9 Prozent. Auch die Zunahme der Arbeitslosigkeit blieb zwischen Neckar und Eder zumindest bis September mit sieben Prozent moderater als in Bayern mit 19 und in Baden-Württemberg mit 13 Prozent.

Die Signale aus Frankfurt sind gleichwohl derzeit mehr als schlecht. Im eigentlichen Bankgeschäft verdient nicht einmal die Deutsche Bank Geld, die Commerzbank gilt als Übernahmekandidat, und der Dresdner Bank droht unter dem Dach der Allianz die Zerschlagung. Die New Economy ist ebenso tot wie der Neue Markt. Börsengänge bleiben aus. Andere hessische Großunternehmen wie etwa Opel stecken weiter tief in den roten Zahlen. Auch in Hessen rollt die Pleitewelle, allerdings deutlich langsamer als in anderen Bundesländern. Hinweg geschwappt hat sie den traditionsreichen Baukonzern Philipp Holzmann. Doch es gibt auch positive Entwicklungen, etwa beim Heizungsbauer Buderus, dem Kosmetik-Konzern Wella, der Deutsche Börse AG, der Lufthansa und dem Flughafenbetreiber Fraport. Die Lufthansa will in diesem Jahr sogar mehr als 3000 neue Mitarbeiter einstellen.

Noch vor kurzem glaubten Optimisten, im Jahr 2005 würden im Frankfurter Finanzgewerbe bis zu 150 000 Menschen arbeiten, und London würde als erster Finanzplatz Europas überholt. Heute arbeiten am Main 75 000 Menschen bei Banken und Finanzdienstleistern, in London zehn Mal so viel.

Die Stimmung in Frankfurt und in Hessen ist schlecht. So schlecht wie seit mehr als sieben Jahren nicht mehr, heißt es bei der Frankfurter Industrie- und Handelskammer. Doch Koch sei nicht Schuld. Er setze sich entschieden für den Ausbau des Frankfurter Flughafens, die bessere Außendarstellung des Landes und neue Ballungsrauminitiativen ein und habe die Genehmigungsverfahren verbessert. „Was uns auf den Magen schlägt, sind vor allem die Steuerpläne der Bundesregierung“, sagt ein frustrierter Unternehmer. Roland Koch jedenfalls muss um den Rückhalt der hessischen Wirtschaft nicht fürchten.

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