zum Hauptinhalt
Rettender Schluck. In vielen Zügen der Bahn war es am Wochenende kaum auszuhalten.

© dpa

Hitzerekord: Wieder Klimaanlagen-Ausfälle bei der Bahn

Zu heiß für die Bahn: In ICEs und ICs versagen reihenweise die Kühlungssysteme. Vor einem Jahr hatte der Konzern Besserung gelobt.

Von Maris Hubschmid

Berlin - Auf die Bahn ist Verlass: Pünktlich zum bislang heißesten Tag des Jahres sind am Wochenende in etlichen Zügen die Klimaanlagen ausgefallen. Von rund 800 Fernverbindungen seien gut zwei Dutzend Züge gestrichen oder in Teilen ausgesetzt worden, teilte der Konzern mit. Dabei kam es Fahrgastberichten zufolge auch auf der Ost-West-Achse zwischen Berlin und Köln zu Störungen und Verspätungen. So wurde ein aus der Hauptstadt kommender IC in Hannover ausgesetzt, nachdem hintereinander das Kühlungssystem in mehreren Waggons zusammengebrochen war.

„Der Zug kam schon 60 Minuten zu spät am Berliner Hauptbahnhof an“, berichtet ein Ehepaar, das nach Osnabrück unterwegs war. Auf der Anzeige habe es da bereits geheißen, dass drei Wagen gesperrt seien. „Kaum waren wir drin, wurden wir genötigt, auszusteigen. Schließlich fuhr der Zug doch los. Aber in Hannover wurde die Fahrt abgebrochen.“ Getränke oder verlässliche Informationen habe es keine gegeben, sagen die Betroffenen. Offenbar weil sie überfordert waren, forderten Zugbegleiter in Hannover Unterstützung durch die Bundespolizei an – um verunsicherte und aufgebrachte Fahrgäste „sicher zu dirigieren“, wie die Polizei dem Tagesspiegel auf Anfrage bestätigte.

Video: Sommer gibt Zugabe - bis Mittwoch

Besser betreut fühlten sich die Fahrgäste in der Gegenrichtung. „Die Ansagen waren hilfreich und freundlich“, sagt eine Berlinerin, die am Sonntagabend mit dem Zug aus Köln kam und ebenfalls in Hannover gebeten wurde, zu wechseln. Dass es überhaupt so weit kommen musste, versteht sie aber nicht. „Es war doch absehbar, dass wegen des Ferienendes viele Menschen Zug fahren würden. Und das Wetter kam auch nicht unerwartet“, sagt sie. Einen anderen Zug in Richtung Westen mussten die Fahrgäste in Wolfsburg verlassen. Doch auch im Folgezug versagte die Kühlung. „Kurz vor Hannover blieben wir stehen, weil wir keine Einfahrt in den Bahnhof erhielten. Über zwanzig Minuten in der prallen Sonne, kein Wasser, keine Klimaanlage, keine zu öffnenden Fenster“, sagt eine junge Frau. Zwischen zwei und vier Stunden zu spät erreichten die Reisenden ihr Ziel.

Bildergalerie: So sieht der Sommer von oben aus

Fahrgäste ohne Sitzplatzreservierung mussten draußen bleiben

Der Konzern wies in seiner Stellungnahme auf das ungewöhnlich hohe Fahrgastaufkommen hin. Auf der Strecke von Hamburg nach Bremen wurden Kunden ohne Sitzplatzreservierung gebeten, den IC zu verlassen. „Der Schaffner hat uns per Durchsage wissen lassen, im Zug sei es schon heiß genug. Wer also keinen Sitzplatz habe, solle aussteigen“, berichtet ein Passagier.

Politik und Verbraucherorganisationen reagierten am Montag verärgert auf die Ausfälle. Es sei erstaunlich und ärgerlich, dass es nach zwei Jahren immer noch Schwierigkeiten mit Klimaanlagen gebe, die eigentlich längst behoben sein sollten, sagte Valerie Wilms, bahnpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, dem Tagesspiegel. „Die Bahn zeigt sich damit unfähig in ihren eigentlichen Kernkompetenzen – eine sichere Reise bei jedem Wetter für alle Fahrgäste zu gewährleisten.“ Beim Fahrgastverband Pro Bahn urteilte man: „Die Vorfälle zeugen von ganz schlechtem Notfallmanagement.“ Die Mitarbeiter würden häufig alleingelassen – und seien nicht genug geschult, mit solchen Situationen umzugehen.

Bildergalerie: Wo bleibt der Sommer?

Kühlschrank kaputt: Keine Getränke

Nach wiederholten Ausfällen von Klimaanlagen hatte die Deutsche Bahn 2011 angekündigt, die Wahrscheinlichkeit weiterer Defekte deutlich reduziert zu haben. „Bis zu Temperaturen von 38 Grad arbeiten die Anlagen nun zuverlässig“, hatte Personenverkehrschef Ulrich Homburg erklärt. Nun sagte ein Bahnsprecher dem Tagesspiegel: „Für Temperaturen über 35 Grad sind die Züge nicht ausgelegt.“ Über weitere, grundsätzlichere Änderungen müsse nun diskutiert werden. Das Unternehmen wolle großzügige Entschädigungen zahlen. Ernste gesundheitliche Probleme hatte offenbar niemand.

Erst am Sonnabend hatte es Meldungen von Kühlproblemen in Bordrestaurants gegeben. Auf einigen Langstreckenfahrten habe es deswegen nichts zu trinken gegeben, weil Getränke nicht oberhalb einer bestimmten Temperatur abgegeben werden dürfen, hieß es in Berichten. Erstmals waren im Sommer 2010 mehr als 50 Klimaanlagen ausgefallen. Damals waren Fahrgäste in den überhitzten Wagen kollabiert. Bundesweit liefen wegen der Pannen acht Ermittlungsverfahren, die allesamt eingestellt wurden.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false