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Wirtschaft: Hochzeit unter Palmen

Air Berlin und die arabische Etihad Airways wollen zusammen groß und alt werden.

Von Liebe sprechen diese beiden Luftfahrt-Manager nicht – aber vom Zusammensein, einer eingetragenen Lebenspartnerschaft zweier Firmen. „Wir sind verheiratet“, sagt James Hogan, der Chef der arabischen Etihad Airways und blickt zu Hartmut Mehdorn, der neben ihm sitzt.

Der Air-Berlin-Chef lächelt ob dieses Vergleiches etwas gequält, widerspricht aber nicht – auch wenn mit der formalen kartellrechtlichen Genehmigung des Einstieges der Araber bei seiner Gesellschaft erst in den kommenden Tagen zu rechnen ist. Mehdorn und Hogan beraten dieser Tage in der Etihad-Zentrale im Emirat Abu Dhabi jedenfalls schon einmal, wie die gemeinsame Zukunft aussehen soll.

Schon jetzt zeichnet sich ab, dass die erst 2003 gegründete Airline den dominanten Part in dieser Beziehung übernehmen will. „Ich werde mein Amt im Verwaltungsrat bei Air Berlin ausfüllen“, kündigt der Australier Hogan an. „Ich bin seit 1975 in der Branche und habe vielleicht einen etwas anderen Blick auf Dinge als Manager, die keine Airline leiten.“ Als Spitzenvertreter des mit fast 30 Prozent bald größten Anteilseigners stehen Etihad zwei Sitze in dem dann dreizehnköpfigen Gremium bei Air Berlin zu. Dabei ist Etihad nicht nur jünger, sondern auch deutlich kleiner als Air Berlin: Die Araber beförderten im Jahr 2010 sieben Millionen Passagiere, vor allem auf Fernstrecken, die Berliner aber weit mehr als 30 Millionen. Etihad fliegt mit 63 Maschinen 82 Städte an, Air Berlin mit 170 Maschinen 171 Ziele in 45 Ländern.

Gegensätze ziehen sich an, auch finanzielle: Air Berlin hat seit gut drei Jahren keine Gewinne mehr gemacht, muss einige Flieger verkaufen und sitzt auf rund 600 Millionen Euro Schulden. Etihad aber schrieb 2011 erstmals operativ eine schwarze Null. Genaue Zahlen muss Hogan nicht nennen: Die Airline gehört der örtlichen Herrscherfamilie, die über viele Petrodollars verfügt und Gründung und Betrieb der Gesellschaft als Investition in die Zukunft des größten der sieben vereinigten Emirate betrachtet. Zwar betont Hogan stets, dass sein Unternehmen nicht vom Königshaus durchgefüttert wird. Wahr ist aber, dass Etihad nur zu den am schnellsten wachsenden Airlines der Welt aufsteigen konnte, weil die Hoheiten entsprechende Rahmenbedingungen gewährleisten: Umsatz-, Kerosin-, oder gar Luftverkehrssteuer, ein Umweltgutachten beim Flughafenbau? Mit so etwas müssen sich Golf-Airlines, auch aus Dubai oder Katar, nicht herumschlagen.

Mehdorn erklärt hingegen seine Notlage. Man habe zwischen den Stühlen gesessen: Zwischen Lufthansa und Air France KLM, zwischen Iberia und British Airways. Wo ist da Platz? „Da haben wir die Augen aufgemacht und ziemlich schnell diesen Partner entdeckt. Wir sind tief beeindruckt von der Performance von Etihad“, sagt er. Jetzt mache man sich an die Arbeit, um etwa beide Streckennetze zu koordinieren. Als ersten Schritt dürfte die erst im November 2010 eingerichtete Verbindung ins kleine 150 Kilometer entfernte Dubai gestrichen werden, wo Etihad-Konkurrent Emirates sein globales Drehkreuz betreibt. Auch kämen alle östlichen Fernziele im Air-Berlin- Netz auf den Prüfstand. Strategie sei, gemeinsam möglichst gute Flug-Hotel-Pakete für Ferienreisende zu schnüren – etwa für Thailand, Australien oder Afrika.

Etihad-Chef Hogan lenkt auch den Blick auf Geschäftsreisende aus Indien und China, die man über Abu Dhabi nach Berlin, Frankfurt, München und Düsseldorf fliegen könne. Als Beispiel nennt er die im Westen weitgehend unbekannte chinesische Stadt Chengdu, die neu im Flugplan sei. Dort lebten mehr als zehn Millionen Menschen, fast 80 Millionen im Einzugsgebiet, so viel wie in Deutschland insgesamt. Im weiteren Gespräch in Hogans Büro mit Blick über palmengesäumte Schnellstraßen überbieten sich die Manager mit Ideen, wie man Synergien heben könnte: So habe Air Berlin 15 Boeing vom Typ 787 bestellt, Etihad 41. „Da können wir jetzt über den Preis nachverhandeln“, träumt Hogan. Mehdorn sagt, man könne Wartungs- und Technikbetriebe nutzen. Und vieles mehr. Die Manager verstehen sich, so scheint es. „Geschäft ist Geschäft, natürlich“, sagt Hogan. „Aber ohne riesengroßes Vertrauen unter uns beiden wäre das hier nicht zustande gekommen.“ Mehdorn stimmt zu: „Die Chemie stimmt, wir ticken ähnlich.“

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