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Wirtschaft: Höhere Bahnpreise befürchtet

DGB: Kürzungen bei Regionalzuschüssen belasten Pendler und gefährden mehr als 10 000 Arbeitsplätze

Berlin - Drei Verbände und der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) haben sich am Donnerstag gegen die geplanten Kürzungen bei den Bundesmitteln für den Regionalverkehr verbündet. Sie wollen damit erreichen, dass der Bundesrat an diesem Freitag die Regierungspläne zurückweist. Auf einer Pressekonferenz warnten die Verbände vor den Folgen. Dirk Flege, Geschäftsführer des Branchenlobbyverbands „Allianz pro Schiene“, sagte: „Die Ticketpreise würden um bis zu zehn Prozent steigen, das Angebot würde drastisch ausgedünnt, ganze Regionen würden vom Schienenverkehr komplett abgehängt.“ DGB-Vorstandsmitglied Claus Matecki sagte wiederum, die Kürzungen würden „zu Verlusten von mehr als 10 000 Arbeitsplätzen führen“. Auch der Deutsche Städte- und Gemeindebund und der Deutsche Naturschutz Ring (DNR) äußerten Kritik an den Plänen.

Mit der Bahnreform 1994 wurde auch die Finanzierung des Regionalverkehrs von Bus und Bahn neu geregelt. Seitdem überweist der Bund den Ländern jedes Jahr Milliarden an so genannten Regionalisierungsmitteln, die dann vor allem für die Bestellung von Verkehrsverbindungen eingesetzt werden. Das öffentliche Geld ist nötig, weil sich die wenigsten Strecken allein durch die Fahrscheineinnahmen finanzieren lassen. Zuletzt lagen die Bundesmittel bei sieben Milliarden Euro. Über die nächsten vier Jahre will die Regierung aber insgesamt fast 3,3 Milliarden Euro einsparen. Ohne Zustimmung der Länder geht das zwar nicht, doch Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) hatte sie zuletzt unter Druck gesetzt und ihnen vorgeworfen, einen größeren Teil der Mittel zweckentfremdet einzusetzen.

DGB-Vorstand Matecki nannte diesen Vorwurf unbegründet. Doch solle es in Zukunft eine obligatorische Berichtspflicht der Länder geben, um die Transparenz zu erhöhen. Die Kürzung der Mittel gefährde die Konkurrenzfähigkeit des öffentlichen Nahverkehrs gegenüber dem Auto. Davon betroffen wären täglich 27 Millionen Fahrgäste und 250 000 Beschäftigte, sagte Matecki. Das Angebot werde voraussichtlich um 20 Prozent beschnitten – und zwar besonders im ländlichen Raum. Die Allianz pro Schiene verwies darauf, dass die Zahl der Fahrgäste im Schienennahverkehr in den vergangenen acht Jahren um 27 Prozent gestiegen sei, die gezahlten Regionalisierungsmittel aber nur um 14 Prozent. Die Anbieter würden also „immer effizienter und besser“, sagte Geschäftsführer Flege. Diese Erfolge würden durch die Mittelkürzungen gefährdet.

Am Donnerstag äußerten sich außerdem die Grünen zu einer weiteren Zukunftsfrage der Bahn. Der Fraktionsvorsitzende Fritz Kuhn und der Verkehrsexperte Winfried Hermann präsentierten zwei Modelle, in welcher Form die Deutsche Bahn privatisisiert werden könnte. Dabei wollen die Grünen das Schienennetz, das über die Bahntochter DB Netz derzeit noch zum Konzern gehört, in jedem Fall abtrennen. Die Infrastruktur – inklusive Bahnhöfe und Fahrkartenvertriebssysteme – solle an die neu zu gründende Deutsche Schieneninfrastrukturgesellschaft gehen, heißt es in einem Positionspapier der Grünen. Die Gesellschaft soll dann zu 100 Prozent in der Hand des Bundes bleiben. Hermann betonte: „Es geht uns nicht darum, die Bahn zu zerschlagen.“ Oberstes Ziel der Überlegungen sei, mehr Verkehr auf der Schiene zu ermöglichen. Allerdings sei damit zu rechnen, dass deutlich mehr Geld eingenommen werden könnte, wenn die Transportgesellschaften der Bahn einzeln verkauft würden. Die Infrastrukturgesellschaft wiederum solle betriebswirtschaftlich und nicht als Behörde geführt werden, sagte Hermann. „Effizienz ist wichtig.“

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