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Wirtschaft: Höhere Einnahmen helfen Städten nicht

Firmen zahlen wieder mehr Gewerbesteuern – trotzdem kommen die Kommunen nicht aus den roten Zahlen

Berlin - Städte und Gemeinden haben im vergangenen Jahr ein Fünftel mehr Geld durch Gewerbesteuern eingenommen. Insgesamt flossen 28,5 Milliarden Euro in ihre Kassen, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag mitteilte. Auch in diesem Jahr sprudelt die Steuer wieder stark. Das Defizit der Kommunen wird aber trotzdem höher ausfallen als 2004 – der Deutsche Städtetag rechnet mit einem Minus von mehr als fünf Milliarden Euro. Schuld sei die Arbeitsmarktreform Hartz IV, sagte Monika Kuban, die stellvertretende Hauptgeschäftsführerin, dem Tagesspiegel am Donnerstag.

Die Gewerbesteuer ist die wichtigste Einnahmequelle der Kommunen. Sie wird in Deutschland seit Ende des 19. Jahrhunderts erhoben und ist für Unternehmen ein wichtiger Standortfaktor. Denn die Kommunen dürfen in einer gewissen Bandbreite selbst bestimmen, wie hoch die Steuer ausfällt – über den so genannten Hebesatz. Er wirkt wie ein Faktor, mit dem der vom Bund festgesetzte Steuerbetrag multipliziert wird. Der Hebesatz liegt bei mindestens 200 Prozent – damit kommen aber nur kleine Dörfer aus.

Unter den Großstädten reicht der Hebesatz bis zu 490 Prozent. Berlin ist die günstigste der 20 größten Kommunen mit einem Satz von 410 Prozent. Dabei soll es vorerst bleiben, hieß es bei der Senatsverwaltung für Finanzen. Im Schnitt aller Dörfer und Städte liegt der Hebesatz bei 388 Prozent, das war ein Punkt mehr als im Vorjahr. Allerdings gibt es ein starkes Ost-West-Gefälle. Die niedrigsten Belastungen gab es in den strukturschwachen Ländern Mecklenburg-Vorpommern (307 Prozent) und Brandenburg ( 315 Prozent).

Zwischen 2001 und 2003 hatten die Kommunen enorme Ausfälle bei der Gewerbesteuer zu verkraften. Schuld waren Änderungen am Steuerrecht und die Konjunkturkrise. Das Plus lag bei 21,5 Prozent. Der Anstieg dürfte in diesem Jahr weiter gehen. Das liegt zum einen an dem Mindestniveau von 200 Prozent beim Hebesatz, das seit Anfang 2004 gilt. „Die außerordentlich guten Unternehmensgewinne sprechen zudem dafür, dass es erneut ein Plus geben wird“, sagte Winfried Fuest, Steuerexperte beim arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft in Köln. Für Berlin trifft das zu – hier stieg das Aufkommen bis Ende August gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 17,5 Prozent auf 663,9 Millionen Euro.

Bundesweit dürfte der Anstieg aber trotzdem nicht reichen, um bei den Kommunen für ausgeglichene Haushalte zu sorgen. „Wir sind bei den Einnahmen zwar wieder auf dem Niveau des Jahres 2000 – aber wir haben die Belastungen durch die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe zu verkraften“, sagte Städtetags-Expertin Kuban. Das liege an den Unterkunftskosten für Empfänger des Arbeitslosengeldes II, die nun von den Kommunen getragen werden müssen. Eigentlich hätten die Länder 2,5 Milliarden Euro an Bundeszuweisungen an die Kommunen weiterleiten sollen. „Die Länder haben aber klebrige Finger und geben das Geld nicht in vollem Umfang weiter“, kritisierte sie. Dies verstoße gegen die Abmachung. Es sei daher nicht zu erwarten, dass die Kommunen 2005 spürbar mehr investieren werden als in den vergangenen Jahren. „Selbst Städte mit einem guten Gewerbesteuer-Aufkommen müssen jeden verfügbaren Cent in die Tilgung der hohen Schulden aus den vergangenen Jahren stecken“, beteuerte sie. Die Kommunen sind die wichtigsten Auftraggeber für den Mittelstand und für Handwerksunternehmen.

Nach der Bundestagswahl soll es nach den Vorstellungen von Union und ihrem Finanzexperten Paul Kirchhof eine Gewerbesteuer-Reform geben. Ökonomen verlangen, sie ganz zu streichen und durch ein Hebesatz auf die Einkommen- und Körperschaftsteuer zu ersetzen.

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