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Wirtschaft: Höhere Mehrwertsteuer bringt Wachstumsschub

Experten: Verbraucher ziehen Käufe vor

Berlin - Die von der Union geplante Erhöhung der Mehrwertsteuer wird Ende dieses Jahres für eine Sonderkonjunktur in Deutschland sorgen. Das sagten Bankvolkswirte dem Tagesspiegel. „Das könnte die Wachstumsrate in diesem Jahr um 0,2 Prozentpunkte nach oben treiben“, sagte Gerd Haßel, Ökonom bei der BHF-Bank in Frankfurt am Main.

Das am Montag von CDU und CSU vorgestellte Wahlprogramm sieht vor, dass die Mehrwertsteuer zum 1. Januar kommenden Jahres um zwei Punkte von 16 auf 18 Prozent steigt. Das bringt dem Staat zusätzliche Einnahmen von rund 16 Milliarden Euro. Im Gegenzug sollen der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung um zwei Punkte gesenkt sowie die Haushalte der Bundesländer entlastet werden. „Die Verbraucher werden im vierten Quartal dieses Jahres vor allem den Kauf langlebiger Güter vorziehen“, sagte Wirtschaftsexperte Haßel. „Das bringt für den privaten Verbrauch hier zu Lande einen spürbaren Schub.“

Die Nachfrage der Konsumenten ist seit Jahren schwach und bremst die Wirtschaftsentwicklung. Das wird sich zwischen Oktober und Ende Dezember ändern: Im Einzelnen erwartet Haßel, dass sich der private Verbrauch zwischen 0,5 und einem Prozent im Vergleich zum Vorquartal erhöhen wird. Ohne die Steuerentscheidung hätten die Konsumenten nur 0,3 bis 0,5 Prozent mehr ausgegeben. Für das Wachstum im vierten Quartal bedeute das eine Marke von 0,6 bis 0,7 Prozent – die Jahresrate werde entsprechend auf bis zu 1,2 Prozent steigen.

Aus statistischen Gründen ist dies „auch ein guter Start in das Jahr 2006“, sagte Haßel. Zudem könne man nicht mit einer vollen Überwälzung der Steuer auf die Preise im Einzelhandel rechnen. „Stattdessen werden die Gewinne der Handelskonzerne zurückgehen“, prognostizierte der Experte der Bank.

Auch Jörg Krämer, Chefökonom der Hypo-Vereinsbank, erwartet ein stärkeres Wachstum. „Das wird ein bombiges Weihnachtsgeschäft“, sagte er. Er sieht den privaten Verbrauch um ein Dreiviertel Prozent stärker. „Insgesamt wirkt die Erhöhung der Steuer aber negativ auf die Konjunktur, weil der Staat mehr Geld für sich beansprucht.“ Deshalb werde es Anfang 2006 wieder Einbußen geben.

Der Einzelhandel selbst geht nicht von besseren Geschäften dank der Steuererhöhung aus. „Die Leute gehen nicht einkaufen, wenn sie Steuererhöhungen erwarten – auch nicht kurz vorher“, sagte ein Sprecher des Handelsverbandes HDE. Für eine Sonderkonjunktur gebe es angesichts eines schwachen Geschäfts keinen Spielraum.

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