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Wirtschaft: Hoffen im Berliner Waschmaschinenwerk

BSH-Betriebsrat sieht Chancen, Stellen zu retten/Schicksal der AEG-Beschäftigten in Nürnberg offen

München/Berlin - Die einen hoffen wieder, die anderen bangen: Nach ersten Verhandlungen mit der Firmenleitung zeigte sich der Betriebsrat der Bosch und Siemens Hausgeräte (BSH) am Donnerstag optimistisch, den Stellenabbau im Waschmaschinenwerk Berlin-Spandau verhindern zu können. Derweil gingen in Nürnberg mehr als 1000 Beschäftigte des Haushaltsgeräte-Herstellers AEG auf die Straße. Sie demonstrierten gegen die drohende Schließung des Stammwerks.

BSH hatte Anfang Mai angekündigt, die Fertigung von Waschmaschinen am Traditionsstandort Berlin bis Ende 2006 einzustellen. Davon wären bis zu 700 Arbeitsplätze in der Produktion betroffen. Die Fertigung soll nach den Plänen des Konzerns in das modernere Werk im brandenburgischen Nauen verlagert werden. BSH begründete die Entscheidung mit veralteten Produktionsanlagen, sinkenden Absatzzahlen und zu hohen Produktionskosten.

Nach Angaben von Luis Sergio von der IG Metall Berlin hat die Geschäftsführung von BSH in einer Sitzung des Wirtschaftsausschusses am Mittwoch in München der Aufnahme von Gesprächen über Alternativen zum Abbau von rund 700 Arbeitsplätzen im Berliner Werk zugestimmt. „Das ist ein Etappenerfolg für die Beschäftigten und ihren Betriebsrat“, sagte Sergio. Jetzt komme es darauf an, die politischen Erfolge in zählbare Arbeitsplätze umzumünzen.

„Ich habe ein sehr gutes Gefühl, dass wir doch noch zu einer Lösung finden“, sagte der Betriebsratsvorsitzende des Werkes Berlin-Spandau, Güngör Demirci, dem Tagesspiegel. Die Gespräche zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmer-Vertretern seien „sehr konstruktiv“ verlaufen. Nach Angaben von Demirci beginnen bereits am heutigen Freitag Verhandlungen zwischen der BSH-Firmenleitung in Berlin, dem örtlichen Betriebsrat und dem externen Wirtschafts-Gutachter, den der Betriebsrat eingeschaltet hatte. Demirci rechnet in etwa drei bis vier Wochen mit ersten Ergebnissen.

Berlins Wirtschaftssenator Harald Wolf (PDS) begrüßte das geplante Treffen von Werksleitung und Betriebsrat. Der Senat stehe der Werks- und Konzernleitung ebenfalls jederzeit zu Gesprächen zur Verfügung, teilte der PDS-Politiker mit. Wenn es darum gehe, die Produktion im Spandauer Werk zu erhalten oder neue Produktlinien am Standort aufzubauen, habe BSH die volle Unterstützung des Senats.

Unterdessen gingen in Nürnberg weit mehr als 1000 Mitarbeiter der AEG-Hausgeräte auf die Straße, um gegen den drohenden Abbau von rund 1700 Arbeitsplätzen zu demonstrieren. Die Produktion von Waschmaschinen und Geschirrspülern an diesem Tag ruhen. Nürnbergs IG-Metall-Vize Jürgen Wechsler rief den schwedischen Mutterkonzern Electrolux dazu auf, „seine unsinnige Entscheidung zur Schließung des Werks zurückzunehmen“.

Wechsler forderte von der Firmenleitung eine Standort- und Beschäftigungsgarantie über das Jahr 2010 hinaus. „Es wäre Harakiri, ein Werk, das Top-Qualität produziert und technisch in hervorragendem Zustand ist, einfach aufzugeben“, sagte Wechsler dem Tagesspiegel. Er nehme an, dass Electrolux vorhabe, mit der am Dienstag ausgesprochenen Schließungsdrohung weitgehende Zugeständnisse der Arbeitnehmer erpressen zu wollen. Ähnlich habe Electrolux das bereits in anderen europäischen Werken gehandhabt. „Solange der Standort Nürnberg nicht mindestens fünf Jahre lang gesichert wird, lassen wir uns auf gar nichts ein“, sagte er. Bei den am Freitag beginnenden Verhandlungen im Wirtschaftsausschuss erwartet die IG Metall noch keine Annäherung.

Nicole Huss

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