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Wer mit seinem Konto ins Minus rutscht, zahlt schnell über zehn Prozent an Zinsen.

© dpa

Hohe Dispozinsen: Verbraucherminister wollen die Banken zur Senkung zwingen

Konto überziehen? Kein Problem, macht 14 Prozent Zinsen. Für die Bundesregierung ist die Praxis deutscher Banken auch in der Niedrigzinsphase normal. Aber jetzt bekommt sie Gegenwind aus den Bundesländern.

Von Carla Neuhaus

In die Debatte um die Begrenzung der Dispozinsen kommt neuer Schwung. Gerade haben die Verbraucherminister der Länder angekündigt, die Banken stärker in die Verantwortung nehmen zu wollen. Jetzt ziehen Grüne und Linke nach und bringen einen Antrag für einen Dispodeckel in den Bundestag ein.

Wer sein Konto überzieht, zahlt für den Dispokredit derzeit Zinsen bis zu 13,74 Prozent – und das obwohl die Banken sich so günstig refinanzieren können wie nie. Geht es nach den Bundesländern, haben die Institute noch eine Schonfrist von sechs Monaten. In dieser Zeit sollen sie die Dispozinsen flächendeckend senken. Tun sie das nicht, wollen die Länder die Zinsen gesetzlich deckeln. „Hier wird ein Geschäft mit den Schulden der Menschen gemacht, das muss unterbunden werden“, sagte Mecklenburg-Vorpommerns Verbraucherminister Till Backhaus (SPD). Die Länder sprechen von einer „richtungsweisenden Aufforderung an die Bundesregierung“ – die müsse tätig werden, hieß es in Backhaus’ Büro, das federführend für die Verbraucherschutzministerkonferenz spricht.

Die Bundesregierung setzt auf Warnhinweise

Bislang sieht sich die Bundesregierung allerdings nicht in der Pflicht. Ein Sprecher von Bundesverbraucherminister Heiko Maas (SPD) sagte: „Für die Bundesregierung ist der Koalitionsvertrag maßgeblich.“ Und in dem steht nichts von einem Deckel für Dispozinsen. Union und SPD haben sich bislang nur darauf verständigt, die Banken zu verpflichten, ihre Kunden zu warnen, wenn sie ins Minus rutschen. Das Verbraucherministerium prüft derzeit, wie diese „Verbesserungen umgesetzt werden können“. Lässt es das Europarecht zu, könnte die Informationspflicht im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt werden, heißt es in Regierungskreisen. Ob die Banken sich an die Vorgabe halten und ihre Kunden informieren, wenn sie den Dispo in Anspruch nehmen, soll demnach die Finanzaufsicht Bafin prüfen.

Unter den Banken ist diese geplante Regelung umstritten: Die einen unterstützen sie, andere lehnen sie ab. So hatte Commerzbank-Chef Martin Blessing kürzlich von sich aus eine „Nutzungsbremse“ ins Spiel gebracht. Nach zehn Tagen im Dispo sollten die Banken den Kunden automatisch per SMS oder E-Mail informieren, hatte er vorgeschlagen. Sein Kollege Jürgen Fitschen, Co-Chef der Deutschen Bank und Präsident des Bankenverbandes, sieht das anders. Er fürchtet, die Kunden könnten sich dadurch „nicht beraten, sondern vielleicht eher belästigt fühlen“.

Ohne einen Dispo-Deckel geht es nicht, sagen die Grünen

Den Oppositionsparteien gehen Warnhinweise für die Kontoüberziehung dagegen nicht weit genug. Das allein könnte „das Marktversagen im Dispobereich nicht beenden“, sagte Nicole Maisch, verbraucherpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag. Sie hält deshalb die „Deckelung der Dispozinsen für dringend notwendig“. „Statt klarer Kante gegen Marktversagen und Abzocke speist Justizminister Maas die Bankkunden mit Placebos ab“, sagte sie. Grüne und Linke schlagen eine Höchstgrenze für den Dispozins vor, die sich an einem Referenzzins orientieren soll. Alternativ können sie sich vorstellen, dass der Gesetzgeber konkretisiert, ab wann man beim Dispo von Wucher redet.

Die Diskussion über eine angemessene Höhe des Dispozinses krankt daran, dass nicht bekannt ist, wie viel die Überziehung die Banken kostet und wie viel sie daran verdienen. Die Geldinstitute argumentieren mit einem hohen Verwaltungsaufwand. „Auch wenn nur einer von zehn Kunden seinen Dispokredit in Anspruch nimmt, müssen wir den gewährten Disporahmen für alle zehn permanent verfügbar halten“, hatte kürzlich Johannes Evers, Chef der Berliner Sparkasse, im Tagesspiegel-Interview gesagt. Nach seiner Rechnung muss eine Bank für zehn Euro, die ein Kunde als Dispokredit aufnimmt, 100 Euro vorhalten.

Wie die Banken auf die Forderung reagieren

Verbraucherschützer wollen dieses Argument nicht gelten lassen und verweisen auf die geringen Ausfallquoten: Nur 0,2 Prozent der Dispokredite werden nicht von den Kunden zurückbezahlt. Bevor es eine gesetzliche Regelung gebe, müsse das Bundesfinanzministerium deshalb „die Kosten innerhalb einer Untersuchung in Erfahrung bringen“, fordern die Grünen.

Die Banken selbst halten einen Dispodeckel für den falschen Weg. Der „würde die unterschiedlichen Angebote der verschiedenen Anbieter und ihre jeweiligen Geschäftsmodelle nicht ausreichend berücksichtigen“, sagte eine Sprecherin der Deutschen Kreditwirtschaft auf Anfrage.

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