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Hongkong: WTO-Gipfel mit Minimalkompromiss beendet

Der Gipfel der Welthandelsorganisation (WTO) hat sich auf einen Kompromiss geeinigt, der vor allem den armen Entwicklungsländern zu Gute kommt. Die Endphase des Treffens wurde von schweren Krawallen überschattet.

Hongkong - Mit einem Minimalkompromiss zu Gunsten armer Länder hat der WTO-Gipfel in Hongkong ein Scheitern der laufenden Welthandelsrunde abgewendet. Die Europäische Union (EU) und die USA sagten am Sonntag zu, milliardenschwere Ausfuhrsubventionen für Landwirtschafts-Produkte spätestens 2013 abzuschaffen.

Die Ministerkonferenz der 149 WTO-Staaten räumte den ganz armen Ländern und afrikanischen Baumwollproduzenten neue Handelserleichterungen ein. WTO-Generaldirektor Pascal Lamy sprach von einer «neuen politischen Energie» für den Abschluss der laufenden Doha-Welthandelsrunde bis Ende nächsten Jahres.

Wie schon bei den Treffen in Seattle 1999 und im mexikanischen Cancún 2003 kam es auf den Straßen zu Gewaltausbrüchen. Mindestens 70 Menschen wurden am Samstag nach einer Demonstration verletzt. Die Polizei nahm 900 militante WTO-Gegner nach Straßenschlachten vorübergehend fest. Eine weitere Demonstration am Sonntag verlief friedlich.

In der zentralen Frage der Senkung von Agrar- und Industriezöllen gab es bei der sechstägigen Mammutkonferenz der Welthandelsorganisation (WTO) keinen Fortschritt. Das Ergebnis bleibe hinter den Erwartungen zurück, kritisierte Bundeswirtschaftsminister Michael Glos. «Im neuen Jahr kommt es darauf an, dass wir in den Folgeverhandlungen in Genf die Marktöffnungs-Interessen unserer Industrie mit allem Nachdruck vertreten.» Die WTO plant ein neues Spitzentreffen im März oder April kommenden Jahres. Lamy will dann Einzelheiten zu Zollkürzungen festlegen.

EU-Handelskommissar Peter Mandelson erklärte zu dem mühsam verhandelten Kompromiss: «Er reicht nicht aus, um das Treffen zu einem Erfolg zu machen. Aber er rettet es vor dem Scheitern.» Europa sei mit dem Endtermin 2013 bei den Exporthilfen einen großen Schritt vorangegangen. Die USA hätten sich auf Druck Europas verpflichtet, ihrerseits wettbewerbsverzerrende Nahrungsmittelhilfen und Exportkredite abzubauen.

Brasiliens Außenminister Celso Amorim sprach von einem «fairen Kompromiss». Zwar habe Brasilien das Jahr 2010 als Endpunkt für die Ausfuhrhilfen festschreiben wollen. Allerdings solle ein substanzieller Teil schon weit vor dem Endtermin 2013 abgebaut werden - dies sei ein Erfolg. Die Ausfuhrhilfen werden von den meisten WTO-Ländern heftig kritisiert, weil sie die Preise für Agrargüter künstlich senken. Indiens Handelsminister Kamal Nath sagte: «Die größte Nachricht von Hongkong ist: Die Entwicklungsländer können ihre Stimme erheben.»

Der Gipfel vereinbarte auch das so genannte Entwicklungspaket zu Gunsten armer Länder. Ihnen wird frühestens von 2008 an zoll- und quotenfreier Zugang für ihre Produkte auf den Märkten der Industrieländer eingeräumt.

Im Kampf um faire Marktchancen für Baumwollproduzenten armer Länder werden Exportsubventionen in dieser Sparte von 2006 an gekippt. Zum Auslaufen der besonders umstrittenen heimischen Baumwollhilfen - dies betrifft vor allem die USA - werden hingegen keine Jahreszahlen genannt.

In der strittigen Frage der Industriezölle wurden die Einwände der Bundesregierung nicht aufgegriffen. Damit ist noch völlig unklar, wie die Zölle auf Industriegüter gesenkt werden. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) äußerte sich enttäuscht: «Hongkong hat in den für die Industrie zentralen Themen des Marktzugangs für Industriegüter und Dienstleistungen keinen nennenswerten Fortschritt erzielt.»

Kritik kam auch von globalisierungskritischen Organisationen. Laut Greenpeace wird der erleichterte Handel mit Elektronikgütern, Fisch und Holz verheerende Auswirkungen haben. Das Netzwerk Attac erklärte, es sei angesichts der ursprünglichen Pläne zwar positiv, dass nur wenig beschlossen wurde. «Das wenige ist äußerst negativ», sagte Attac-Koordinator Oliver Moldenhauer. Die Entwicklungsorganisation Oxfam International verurteilte den Text als «Verrat an den Entwicklungsversprechen der Doha-Runde». (tso/dpa)

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